Unterbringung von Kindern oder Jugendlichen in einem Heim oder einer Pflegefamilie in EU-Mitgliedsstaaten

Nach Artikel 56 Brüssel IIa-Verordnung ist vor der Unterbringung eines Minderjährigen durch ein Gericht oder eine Behörde eines EU-Mitgliedstaates in einem Heim oder einer Pflegefamilie in Bayern eine Zustimmung der hier zuständigen Behörde einzuholen.

In Bayern ist für die Erteilung der Zustimmung das ZBFS – Bayerische Landesjugendamt zuständig (§ 45 Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz - IntFamRVG).
Vor dieser Zustimmung ist nach § 46 Abs. 4 IntFamRVG die Stellungnahme der für den Aufenthaltsort der Jugendlichen in Bayern zuständigen Ausländerbehörde einzuholen.

Die Zustimmung des Bayerischen Landesjugendamtes ist nur mit Genehmigung des Familiengerichts München zulässig (§ 47 IntFamRVG).
Folgende Aspekte werden im Rahmen des Konsultationsverfahrens vor der Zustimmung zu einem Ersuchen durch das Bayerische Landesjugendamt nach § 46IntFamRVG geprüft:

  • Entspricht die Unterbringung dem Kindeswohl, insbesondere unter dem Gesichtspunkt bestehender Bindungen zu Personen in Bayern?
  • Hat die ersuchende Stelle einen Bericht und gegebenenfalls weitere Unterlagen vorgelegt, aus denen die Gründe für die Unterbringung hervorgehen?
  • Ist das Kind im ausländischen Verfahren alters- und entwicklungsgemäß angehört worden?
  • Liegt die Zustimmung der Einrichtung oder der Pflegefamilie vor? Stehen einer Vermittlung dorthin keine Gründe entgegen?
  • Wurde eine ausländerrechtliche Genehmigung durch die Ausländerbehörde erteilt oder zugesagt?
  • Ist die Übernahme der Kosten geregelt?

Das Bayerische Landesjugendamt ist überwiegend mit Ersuchen österreichischer Behörden befasst. Die Zusammenarbeit mit den österreichischen Behörden erfolgt überwiegend zufriedenstellend, was auch durch den Kontakt zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den österreichischen Landesregierungen gefördert wird.

Probleme gibt es immer wieder im Bereich des Krankenversicherungs-schutzes. Vor der Unterbringung muss für das Kind oder den Jugendlichen grundsätzlich der Krankenversicherungsschutz bei einer deutschen Krankenkasse nachgewiesen werden.

Dies erfolgt durch die Ausstellung eines Formblattes E 109, das von der österreichischen Krankenkasse ausgestellt werden muss. Die österreichischen Gebietskrankenkassen stellen sich oft jedoch auf den Standpunkt, dass die Anmeldung bei einer deutschen Partnerkrankenkasse erst dann erfolgen kann, wenn sich das Kind oder der Jugendliche bereits in Deutschland aufhält. Solange die Übernahme der eventuell anfallenden Krankenkosten nicht geklärt ist, kann eine Zustimmung seitens des Bayerischen Landesjugendamtes jedoch nicht erfolgen und das Verfahren verzögert sich. Es kann dann passieren, dass die Unterbringung bereits vor der Zustimmung in Anspruch genommen wird, weil in der Einrichtung in Bayern ein freier Platz vorhanden ist und die Unterbringung im Einzelfall zeitnah notwendig ist. Es wäre daher im Interesse beider Seiten, wenn dieses leidige Thema abschließend geklärt werden könnte.

Im Jahr 2011 erteilte das Bayerische Landesjugendamt bereits 16 Zustimmungen zur Unterbringung von österreichischen Kindern und Jugendlichen in Bayern. Drei Verfahren wurden eingestellt, weil die Jugendlichen die Maßnahmen abgebrochen haben und nach Österreich zurückgekehrt sind.

Es ist darauf hinzuweisen, dass das ZBFS – Bayerische Landesjugendamt nur für die Zustimmung für die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen aus den EU-Mitgliedstaaten in Bayern zuständig ist. Bei der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen aus Bayern in anderen EU-Mitgliedsstaaten ist zunächst die deutsche Zentralbehörde zuständig:

Bundesamt für Justiz, Abteilung int. Sorgerechtskonflikte
Adenauerallee 99 – 103, 53113 Bonn

Peter Sabella

aus: ZBFS - Bayerisches Landesjugendamt Mitteilungsblatt Nr. 6/2011