Datenschutzrechtliche Aspekte in der Zusammenarbeit der Jugendämter mit dem beim Bayerischen Landeskriminalamt angesiedelten Kompetenzzentrums für Deradikalisierung (KomZ) sowie der Fachstelle VPN:

Voraussetzung für erfolgreiches Handeln der Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe ist stets eine Atmosphäre, die von Vertrauen geprägt ist. Dies setzt transparentes Handeln der Fachkräfte voraus. Junge Menschen und deren Eltern werden nur offen über Probleme, Sorgen und Nöte sprechen, wenn ihnen Verschwiegenheit zugesagt und sie im Falle einer Weitergabe ihrer Daten hierüber vorher informiert und ihr Einverständnis eingeholt wurde. Für die Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe gelten die Datenschutzbestimmungen des Sozialgesetzbuches (insbes. SGB VIII).

VPN arbeitet mit dem KomZ mit dem Ziel der Intervention/Deradikalisierung von Personen im Bereich des Salafismus zusammen. Dazu finden regelmäßig Rückkoppelungsgespräche (in der Regel 14-tägig) zwischen VPN und KomZ zur sicherheitsrelevanten Prüfung und möglichen konkreten Gefahrenabwehr statt. Im Rahmen eines solchen Rückkoppelungsgespräches zwischen VPN und dem KomZ wird der Beratungsfall von VPN anonymisiert vorgetragen. Die Fachkraft von VPN schildert dabei zunächst nur den Sachverhalt. Es werden dazu KEINE personenbezogenen Daten wie z. B. Namen, Geburtsdaten oder Wohnorte übermittelt. VPN übermittelt dem KomZ ausschließlich den Namen des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, aus welchem/welcher der Jugendliche stammt, sowie eine Allgemeinbeschreibung der übermittelnden Stelle (z. B.: Anruf aus einer Sozialbehörde). Es ergeht an das KomZ NICHT die Information, welcher Mitarbeitende von welcher Behörde/öffentlichen Stelle sich konkret an die Zentrale Beratungsstelle VPN gewendet hat.

Die Wahrung der Anonymität des oder der Betroffenen sowie des Mitteilenden sind zugleich durch die gesetzlichen Schranken gewährleistet. Für die Mitarbeitenden von VPN bestehen auf Grund des rechtlichen Status von VPN als anerkannter Träger der Kinder- und Jugendhilfe Schweigepflichten nach § 203 StGB. Denn nicht zuletzt ist die Wahrung des Vertrauensverhältnisses zwischen der Fachkraft von VPN und den Betroffenen sowie dessen Angehörigen der Grundbaustein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Nach Vorstellung des anonymisierten Sachverhalts erfolgt anschließend durch das KomZ, unter Beteiligung des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz (BayLfV), die Prüfung der Sicherheitsrelevanz.

Ergeben sich Hinweise auf eine KONKRETE Gefahr für geschützte Rechtsgüter, beispielsweise plant "eine Person" seine Ausreise in ein Kriegsgebiet, um sich einer terroristischen Vereinigung anzuschließen, besucht er vermehrt radikale Moscheen und isoliert sich zusehends von seinem gewohnten Umfeld, zeigt er zudem vermehrte Gewaltphantasien, erfolgt seitens des KomZ in jedem Einzelfall eine Güterabwägung. Geprüft wird, ob im Einzelfall ggf. nach § 138 StGB Pflicht zur Anzeige von geplanten Straftaten besteht oder der Schutz der konkret gefährdeten Rechtsgüter gegenüber dem persönlichen Interesse am Schutz der personenbezogenen Daten bzw. der Schweigeverpflichtung wesentlich stärker wiegt, so dass eine entsprechende Datenübermittlung gerechtfertigt ist. Kommt die Güterabwägung zu dem Ergebnis, dass der Schutz der Schweigepflicht nach § 203 StGB höher als die gefährdeten Rechtsgüter einzustufen ist, erhält das KomZ KEINE weiteren Daten zu diesem Fall. Im Fall des Vorliegens konkreter Planungen für erhebliche Straftaten i. S. d. § 138 StGB oder einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für wesentliche Rechtsgüter (insbesondere Leib, Leben, Freiheit), deren Schutz in der Abwägung mit den o. g. Interessen überwiegt, übermittelt VPN die personenbezogenen Daten an die Polizei. In einem solchen Fall wird der ursprüngliche Hinweisgeber (im o. g. Beispiel eine JaS-Fachkraft) hinsichtlich der Datenübermittlung von VPN an das KomZ (Grund: sicherheitsrelevanter Bezug) in Kenntnis gesetzt.

Aufgabe der Sicherheitsbehörden ist es dann, den Betroffenen (Eigengefährdung) sowie die Gesellschaft (Fremdgefährdung) vor den von ihm ausgehenden Gefahren zu schützen.

Das KomZ übernimmt in diesen sicherheitsrelevanten Fällen die Koordinierung der weiteren Deradikalisierungsmaßnahmen und arbeitet mit den Mitarbeitenden der öffentlichen und freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe vertrauensvoll zusammen.