Eingliederungshilfe für see­lisch behinderte Kinder und Jugendliche

Im Zuge des 2001 in Kraft getretenen SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen wurde § 35a SGB VIII neu gefasst bzw. dem vereinheitlichten Behinderungsbegriff angepasst. Die Anspruchsvoraussetzungen wurden systematisch in zwei Komponenten dargestellt, wodurch die Aufgabenverteilung zwischen dem Arzt einerseits und der Jugendamtsfachkraft andererseits nochmals verdeutlicht worden ist. Über den ärztlichen Befund hinaus und letztlich entscheidend für die Leistungsgewährung ist die fachliche Beurteilung des zugrundeliegenden Sachverhalts durch die zuständigen Fachkräfte im Jugendamt unter Beteiligung der betroffenen Kinder und Jugendlichen bzw. deren Eltern. Nicht jede Entwicklungsstörung hat Krankheitswert, nicht jede Störung mit Krankheitswert bedeutet automatisch eine drohende, seelische Behinderung. Die Fachkraft im Jugendamt muss befugt und im Stande sein, das soziale Integrationsrisiko im Einzelfall abzuschätzen. Antragserfordernis und Selbstbeschaffungsverbot (vgl. § 15 Abs. 1 SGB IX) sind seitens der Jugendhilfe ebenso unstrittig wie die Erwartung, dass ärztlicher- oder therapeutischerseits weder das Vorliegen des Leistungstatbestands nach § 35a SGB VIII noch Art, Umfang und Ausgestaltung der Hilfeleistung präjudiziert werden dürfen. Die Eignung von leistungserbringenden Fachkräften und einzelnen "Therapiemethoden" kann nicht generell festgestellt werden, eine Prüfung des Einzelfalls ist dem Grunde nach auch hier unverzichtbar.

Obwohl dies alles bekannt ist und die Rundschreiben des Sozialministeriums aus den Jahren 1995, 1997 und 2001 sowie die kultusministerielle Bekanntmachung aus 1999, 2000 hinreichend Orientierung geben, halten Schnittstellenprobleme zu Schule, überörtlicher Sozialhilfeverwaltung, Krankenversicherung und Arbeitsförderung an.

Auf vielfachen Wunsch trafen am 26.02.2004 über 40 Expertinnen und Experten verschiedener Leistungsträger, Institutionen und Professionen zusammen, um Gesichtspunkte eines landeseinheitlichen Vollzugs des § 35a SGB VIII in Bayern zu diskutieren. Im Folgenden wird über wesentliche Konsens- und Dissenspunkte des Arbeitsgesprächs im Bayerischen Sozialministerium berichtet.

Zum Leistungstatbestand

Schulleistungsprobleme, psychische Störungen mit Krankheitswert (5% der Kinder, ein Bruchteil davon von seelischer Behinderung bedroht oder betroffen) und Schwierigkeiten, Eingang in die Arbeitswelt zu finden, können zu einer Behinderung führen, begründen jedoch nicht zwangsläufig einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII. Es ist ja auch nicht eine jede Krankheit zwangsläufig behandlungsbedürftig. So müssen zu umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten zum Beispiel notwendig eine sekundäre psychische Beeinträchtigung sowie ein signifikantes soziales Integrationsrisiko hinzutreten, um das Vorliegen eines Leistungstatbestandes nach § 35a SGB VIII festzustellen.

Wenngleich nach vorliegenden Praxiserfahrungen als Störungen, die den Folgezustand einer Teilhabebeeinträchtigung verursachen können, emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F93 ICD-10), Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F94 ICD-10), Teilleistungsstörungen (F81 ICD-10) und Angststörungen (F40 bis 42 ICD-10) benannt worden sind (gesicherte empirische Erkenntnisse liegen nicht vor), erscheint eine Bildung von Fallgruppen vor dem Hintergrund des Individualisierungsgrundsatzes in der Kinder- und Jugendhilfe als nicht zielführend.

Die subsidiäre Leistungsverpflichtung der Kinder- und Jugendhilfe ist anhand der Wirkungen vorhergehender Hilfemaßnahmen wie etwa schulrechtlicher Förderleistungen, Krankenbehandlung oder Arbeitsförderung nachweislich zu verifizieren. Dabei lohnt sich der Einsatz eigener spezialisierter Fachdienste in Jugendämtern (vergleichbar den medizinischen Diensten bei den Krankenkassen nach § 75 SGB V oder den Schulpsychologen).
Strittig bleibt, wie der Krankheits- und Behinderungsbegriff im versicherungsrechtlichen Sinne zu denen im fachwissenschaftlichen und im sozial- bzw. jugendhilferechtlichen Sinn in Beziehung zu setzen ist, mit allen bekannten vollzugspraktischen, finanziellen und judikativen Folgen bis hin zur Eingliederungshilfeverordnung, die als Entscheidungsgrundlage spätestens mit dem SGB IV obsolet geworden ist.

Es wurde wiederholt deutlich, dass eine obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob und inwiefern Störungen mit Krankheitswert im Sinne der Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (z. B. und vor allem F81 ICD-10) eine Leistungsverpflichtung der Krankenkasse zur Folge haben, aussteht (s. u.). Im Zusammenhang damit ist auch das ärztliche Diktum zu sehen, es gebe keine seelische Behinderung im sozialrechtlichen Sinne, die nicht eine Krankheit und eine Krankenbehandlung zur Voraussetzung hätte. Der Vertreter der Krankenversicherung war hier anderer Auffassung.
Strittig ist, ob mit dem SGB IX eine Ausweitung der Leistungstatbestandsvoraussetzungen verbunden ist. Ebenso bleibt die Abgrenzung zwischen der Hilfe für junge Volljährige und Leistungen des überörtlichen Sozialhilfeträgers, der Krankenhilfe und der Arbeitsverwaltung strittig.

Dissens besteht zwischen den Jugendhilfe- und den überörtlichen Sozialhilfeträgern über die Auslegung des Artikel 53 BayKJHG über die Zuständigkeiten und Leistungsverpflichtungen bei Mehrfachbehinderungen. Dringend erforderlich sind Kenndaten, die im Kontext der bundesgesetzlichen Grundlagen zur Kinder- und Jugendhilfestatistik für diesen Bereich geschaffen werden müssen. Ohne Fakten kann weder Politik für Kinder und Familien gemacht werden, noch können verlässliche planerische und steuernde Funktionen wahrgenommen werden.

Zur Bedarfsfeststellung

Medizinische, psychologische und sozialpädagogische Gesichtspunkte müssen qualifiziert diagnostiziert und aufeinander bezogen werden. Diagnostik und Leistungserbringung sind strikt zu trennen. Die Entscheidungsverantwortung liegt abschließend und verbindlich im Kontext des Hilfeplanverfahrens in der Zuständigkeit des Jugendamts. Die dortigen, nach Möglichkeit sozialpädagogisch ausgebildeten und in der Materie besonders fortgebildeten, Fachkräfte müssen befähigt und befugt sein, das Vorliegen der Leistungstatbestandsvoraussetzungen festzustellen. Antragserfordernis und Selbstbeschaffungsverbot (vgl. § 15 Abs. 1 SGB IX) in der Jugendhilfe sind zu beachten. In ärztlichen und sonstigen gutachtlichen Stellungnahmen getroffene Feststellungen zum etwaigen Vorliegen des Leistungstatbestands nach § 35a SGB VIII sowie Vorschlägen zu Art, Umfang, Ort und weiteren Ausgestaltung der Leistungserbringung haben für das zuständige Jugendamt keine bindende Wirkung. Deren Vorschlagscharakter muss auch für die Leistungsadressaten deutlich werden, um falsche Erwartungen vermeiden zu helfen.

§ 14 SGB IX regelt zu Gunsten der Leistungsbedürftigen eine zeitnahe Hilfegewährung unbeschadet der tatsächlichen Leistungsverpflichtung. Der Rechtsauffassung der Krankenkassen folgend, kann jedoch auch der zweit angegangene Träger nicht über das Vorliegen einer etwaigen Leistungsvoraussetzung im Bereich eines anderen Rehabilitationsträgers nach dessen spezialgesetzlichen Bestimmungen urteilen (§ 7 SGB IX). Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der zweitbefasste Träger nach seinem eigenen Leistungsrecht zu leisten hat. Eine Verpflichtung, Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Leistungsrecht nicht vorgesehen sind, kann auch aus § 14 SGB VIII nicht hergeleitet werden.

Die nach § 62 SGB IX hinzugezogenen Landesärzte sollten die Situation und Belange der Kinder- und Jugendhilfe nachdrücklich berücksichtigen. Um langen Wartezeiten zu begegnen sollten neben den Landesärzten und den Sozialpädiatrischen Zentren nach Maßgabe des örtlichen Jugendamts dem Grunde nach auch erfahrene und mit dem betroffenen Kind vertraute Kinderärzte zum Sachvortrag beim Jugendamt zugelassen werden. Die Kooperation mit den Erziehungsberatungsstellen und fallbezogen mit den Schulpsychologen sollte im Kontext der Bedarfsfeststellung vertieft werden. Ob schematisierte Ablaufpläne zum Verfahren der Bedarfsfeststellung sinnvoll und durchsetzbar seien, blieb zunächst offen (s. u.).

Zur Eignung leistungserbringender Fachkräfte

Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII ist weder ein Ersatz für schulische Nachhilfe, noch für Psychotherapie, noch für berufs- bzw. beschäftigungsbezogene Integrationsmaßnahmen. Dies wirkt sich auch auf Leistungsprofil und Eignungsvoraussetzungen leistungserbringender Fachkräfte und angewandter Methoden der Leistungserbringung im Kontext des § 35a SGB VIII aus.

Über die ärztliche oder psychotherapeutische Approbation und das Heilpraktikergesetz hinaus gibt es keine gesetzliche Grundlage für eine förmliche Anerkennung leistungserbringender Fachkräfte. Eignung von Personen und Methoden sind grundsätzlich einzelfall- und bedarfsbezogen festzustellen.

Im ärztlichen oder psychotherapeutischen Bereich werden nur solche Leistungserbringer anerkannt und finanziert, die von den Krankenkassen zugelassen sind (Ermächtigung über die kassenärztliche Vereinigung mit Versorgungsvertrag, auch für Logopäden und Ergotherapeuten).
In der Leistungserbringung nach § 35a SGB VIII sind nur solche leistungserbringenden Fachkräfte als geeignet und qualifiziert anzuerkennen, die sowohl die Funktionsstörungen, als auch die sekundären psychischen Beeinträchtigungen sowie die sozialen Integrationsdefizite zu bearbeiten vermögen.

Die Bereitschaft, nachweislich eng mit den Eltern, der Schule und dem Jugendamt zusammen zu arbeiten, ist wesentlicher Bestandteil der Eignungsvoraussetzung leistungserbringender Fachkräfte.
Es sind nur solche Hilfemethoden geeignet, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen ist.

Leistungserbringende Stellen, Einrichtungen, Dienste und Fachkräfte müssen von den im Jugendamt zuständigen Mitarbeitern in persönlicher Kenntnis und unter Berücksichtigung vorgelegter Therapie- und Förderpläne geprüft und befürwortet werden. Regelrnäßige Fachkonferenzen können hilfreich sein. Die Führung von Listen "anerkannter Therapeuten" (vgl. § 14 Abs. 5 S. 3 SGB IX) ist als nicht unproblematisch zu sehen, kann jugendamtsbezirksübergreifend (und bei Zuständigkeitswechseln oder Prüfungen in mehreren Jugendamtsbezirken) aber auch Mehrfachbefassungen vermeiden helfen und wirkt verfahrensökonomisch.

Aufgrund regionaler Disparitäten kommt es zu Versorgungsengpässen und Wartelisten und es müssen aus der Not heraus mitunter suboptimale Lösungen in Kauf genommen werden.

Zur Finanzierung

Eine Budgetierung der Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII ist nach geltendem Recht nicht zulässig (vgl. § 17 SGB I).
Anteilige bzw. gemischte Finanzierungsmodelle werden zu Gunsten einer eindeutigen Klärung bzw. Präzisierung der Rechtsgrundlagen eher abgelehnt.
Die Feststellung einer Normabweichung gemäß § 35a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII liegt zunächst in ärztlicher Hand und diese Diagnostik muss von den Krankenkassen auch finanziert werden. Desgleichen die Behandlung einer ärztlicherseits festgestellten psychischen Störung mit Krankheitswert (Achse 1 des Multiaxialen Klassifikationsschemas für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters nach ICD-10 der WHO i.V. m. § 27 SGB V zu den Leistungen der Krankenbehandlung).

Krankenkassen können und dürfen nach eigener Aussage sozial- und heilpädagogische Leistungen nicht übernehmen. Hier ist der Bundesgesetzgeber gefragt.

Die grundsätzlich befürworteten gesetzlichen Möglichkeiten einer Heranziehung zu den Kosten sollten rechtlich überprüft werden.
Die Möglichkeit zu einer Vereinbarung zur wechselseitigen Kostenerstattung bei unzuständig erbrachten Leistungen gemäß § 105 SGB X zu gelangen, müssen weiter sondiert werden.

Im Fall einer Mehrfachbehinderung ist nach Auffassung der Vertreter der Kinder- und Jugendhilfe grundsätzlich davon auszugehen, dass laut Artikel 53 BayKJHG die Leistungsverpflichtung des Sozialhilfeträgers bei gleichen Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch eindeutig und abschließend geregelt ist. Sie machen in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass gerichtliche Entscheidungen auf Bundesebene, etwa in Bezug auf seelische Behinderungen als Auslöser für Hilfeleistungen, für Bayern irrelevant seien.

Die Übergangsvereinbarung zur Finanzierung der Frühförderung in Bayern ist bis Juli 2004 befristet, eine Vereinbarung zwischen den Krankenkassen und den Sozialhilfeträgern ist unter Mitwirkung des Sozialministeriums in Vorbereitung.

Zur Kooperation der Beteiligten

In der Prävention seelischer Behinderung spielen die Leistungsstrukturen der Schule (z. B. die mobilen sonderpädagogischen und förderunterrichtlichen Angebote), aber auch die psychotherapeutischen Leistungsangebote der Krankenversicherung eine herausragende Rolle.
Eine Rücknahme der in der kultusministeriellen Bekanntmachung von 1999/2000 getroffenen Regelung zur Förderung von Schülern mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens ist (vor dem Hintergrund der Verlautbarung der Kultusministerkonferenz auf Bundesebene) nicht zu befürchten.

Insbesondere seitens der Experten aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie wird angeboten, bei der Fortschreibung der kultusministeriellen Bekanntmachung behilflich sein zu können.

Die Kontaktpflege zwischen dem Jugendamt, der Schule, dem Arzt, anderen Stellen und vor allem den Eltern und den jungen Menschen selbst ist von Anfang an sicher zu stellen und darf nicht aus dem Auge verloren werden.
Seitens der Kinder- und Jugendpsychiatrie / Psychotherapie wird Kooperationsbereitschaft bei Hilfeplangesprächen signalisiert. Insgesamt muss weiter daran gearbeitet werden, das Hilfeplanverfahren auch und gerade an interdisziplinären und interinstitutionellen Schnittstellen zu optimieren (Kosten- und Wirkungscontrolling seitens der für die Steuerung verantwortlichen Fachkräfte!).

In Einzelfällen gibt es nach wie vor massive Abgrenzungsprobleme zwischen den örtlichen Jugendhilfe- und den überörtlichen Sozialhilfeträgern in der Frage der Unterbringung insbesondere von jungen Volljährigen in stationären und teilstationären Einrichtungen. Anhaltende Konflikte gibt es auch bezüglich der Finanzierung von Leistungen der Krankenhilfe zwischen Jugendhilfe und Krankenkassen.

Eine generelle Ablehnung von Leistungen für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII über das 21. Lebensjahr hinaus ist aus formellen Gründen rechtlich unzulässig.

Im Fall einer Weiterverweisung ist eine rechtzeitige Information des betroffenen Leistungsträgers erforderlich.

Die Klärung von Zuständigkeitsfragen und Konflikten in der Finanzierung notwendiger Leistungen muss in den psychosozialen Arbeitsgemeinschaften auf örtlicher und den Planungs- und Koordinierungsausschüssen auf bezirklicher Ebene bewältigt werden (vgl. Vorschlag zur Zusammenarbeit Jugendhilfe / Kinder- und Jugendpsychiatrie des Bayerischen Landkreistages, des Bayerischen Städtetages, des Verbands der bayerischen Bezirke und der Konferenz der leitenden Ärzte der Kliniken und Abteilungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Bayern vom 26.05.2000). Die Servicestellen gemäß § 22 SGB IX entsprechen nach den vorliegenden Erfahrungen nicht den in sie vom Gesetzgeber gesetzten Erwartungen, wie im Übrigen auch die Bestimmungen nach § 14 SGB IX.

Zu den Perspektiven

Abgrenzungsfragen zwischen der Kinder- und Jugendhilfe einerseits und der Gesundheits- und Sozialhilfe andererseits bleiben auch nach diesem Arbeitsgespräch offen (stichwortartig nochmals zusammengefasst insbesondere: Leistungen für psychisch Kranke und suchtkranke junge Menschen, die Weiterführung von Leistungen über das vollendete 21. Lebensjahr hinaus, die Finanzierung der Behandlung in psychiatrischen Krankenhäusern nicht krankenversicherter Kinder, Jugendlicher und junger Volljähriger, die Finanzierung der Frühförderung und die Auslegung des Artikels 53 BayKJHG). Weitere gerichtliche Auseinandersetzungen sind zu erwarten.

Neuerliche formelle Verlautbarungen, Vollzugsanweisungen oder Vordrucke können die vollzugspraktischen Probleme nicht befriedigend ausräumen. Alle beteiligten Systeme und Professionen werden diese nicht durch wechselseitige Zuweisungen lösen können sondern nur dadurch, dass im Sinne eines konstruktiven Dialogs zum Wohl des betroffenen jungen Menschen im Einzelfall vor Ort und in der Alltagspraxis Lösungen gemeinsam gesucht und getragen werden. Von daher erscheint auch die Einrichtung einer ständigen Arbeitsgruppe auf Landesebene zum gegenwärtigen Zeitpunkt als nicht zielführend.

Die grundsätzlich anstehenden sozialpolitischen, strukturellen und legislativen Entwicklungsaufgaben bleiben davon unberührt.

Dass die Kinder- und Jugendhilfe sachfremde Leistungen finanziert, widerspricht nicht nur dem grundlegenden Verständnis der Jugendhilfe sondern auch denen der Sozial- und Krankenhilfe. Von daher müssen gesamtstrukturelle und gesamtkonzeptionelle Lösungen der vorliegenden Fragestellungen dringend erwartet werden.

 

Abschließend wird noch auf zwei Publikationen hingewiesen:

  • die vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit Rheinland-Pfalz im Dezember 2003 heraus gegebene Expertise "Bestandsaufnahme und Handlungsbedarfe im Bereich der Eingliederungshilfe (§ 35a SGB VIII)." Sie ist zu beziehen über das Broschüren-Telefon: 06131/162016, sowie
  • die "Orientierungshilfe für die Jugendhilfe zum Umgang mit Lese-, Rechtschreib-, Rechenstörungen und dem Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS), erstellt in Zusammenarbeit mit den Landesärzten für Behinderte beim Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg und der Landesarbeitsstelle Kooperation Baden-Württemberg herausgegeben am 15.10.2003 vom Landkreistag Baden-Württemberg, Städtetag Baden-Württemberg sowie den Landeswohlfahrtsverbänden Baden und Württemberg-Hohenzollern (die Orientierungshilfe kann wohl über den Landeswohlfahrtsverband Baden, Tel.: 0721/8107-322, oder den Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern, Tel.: 0711/6375-415 oder die Kommunalen Spitzenverbände im Baden-Württemberg bezogen werden). 

Hans Hillmeier  

aus: ZBFS - Bayerisches Landesjugendamt Mitteilungsblatt 3/2004