Einkommensteuer- und sozial-versicherungsrechtliche Behandlung der Geldleistungen für Kinder in Kindertages- und Vollzeitpflege

Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses in seiner 108. Sitzung am 09.10.2007

Die Entscheidung des Bundesfinanzministeriums, ab dem 01.01.2008 Geldleistungen an Personen, die sich im Rahmen der Tagespflege oder Vollzeitpflege nach §§ 23 und 33 SGB VIII engagieren, unterschiedslos als Einkommen selbstständig Tätiger in die Einkommensteuerpflicht einzubeziehen, ist bei den Betroffenen selbst wie bei den Trägern der Jugendhilfe auf überwiegendes Unverständnis gestoßen.

Öffentliche und freie Träger der Jugendhilfe haben in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, insbesondere die Kindertagespflege quantitativ und qualitativ auszubauen. Bei der Gewinnung von Tagespflegepersonen hat die bisherige Steuerfreiheit des Pflegegelds (aus öffentlicher Kasse) eine erhebliche Rolle gespielt. Gerade vor diesem Hintergrund wirkt sich die Entscheidung des Bundesfinanzministeriums kontraproduktiv aus. Auf die öffentlichen Träger der Jugendhilfe, also die kommunalen Gebietskörperschaften, werden nicht nur erhebliche Mehrkosten zukommen, viele potentielle Pflegepersonen werden von der steuerrechtlichen Betrachtung abgeschreckt werden, sich dieser Aufgabe zu stellen. Erschwerend kommt hinzu, dass nunmehr auch die Sozialversicherungsträger - nach Art eines Dominoeffekts - sich an diese einkommensteuerrechtliche Entscheidung anhängen und Pflegepersonen in die Rentenversicherungs- bzw. Krankenversicherungspflicht mit einbeziehen. Faktisch stellt diese neue Regelung eine Umverteilung eines Teils sozialer Leistungen aus den Haushalten der kommunalen Gebietskörperschaften in den Haushalt des Bundes dar.

Selbst unter der Voraussetzung, dass bei einer rein einkommensteuerrechtlichen Betrachtung die Entscheidung des Bundesfinanzministeriums für nachvollziehbar gehalten werden kann, darf die Ausgestaltung im Detail nicht einseitig zu Lasten der Tagespflegepersonen bzw. der öffentlichen Kostenträger vorgenommen werden. Im Gegenteil wäre auch unter dieser Voraussetzung zu fordern, dass individuelle Geldleistungen der Jugendhilfe aus öffentlicher Kasse zur Erbringung von Jugendhilfeleistungen generell steuerfrei gestellt werden, alternativ die Freibeträge in einer Größenordnung festgelegt werden, welche die durchschnittlichen Betreuungsverhältnisse in der Kindertagespflege einkommensteuer- und sozialversicherungsfrei halten.
Die laut Regierungsentwurf vom 26.07.2007 geplante Anpassung der Umsatzsteuerbefreiung der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe an die sozialrechtliche Entwicklung im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 wählt im Gegensatz zum einkommensteuerrechtlichen Vorhaben die richtige Option.

Der Landesjugendhilfeausschuss appelliert an die Staatsregierung, ihren Einfluss geltend zu machen, dass diese neuerlichen Belastungen der Pflegeverhältnisse zurückgenommen oder wenigstens in einem verträglichen Rahmen ausgestaltet werden.