MB_1_2019

I N F O 15 ihrer eigenen Entwicklung und Befindlichkeit von den Partnerschaftsproblemen ihrer Eltern betroffen sein. So ist der Zusammenhang zwischen Partnerschafts- qualität, Befindlichkeit der Mutter und Kindesentwick- lung gut belegt (Köppe, 2001; Kröger, 2006; Hensel & Thomas 2009) und lässt sich auch schon für den Schwangerschaftsverlauf nachweisen (Rauchfuß & Alt- rogge 2002). Die Erziehung von und das Leben mit Kin- dern können andererseits für Paare auch eine Heraus- forderung sein, an der ihre individuellen und partner- schaftlichen Bewältigungsversuche scheitern. Beide Richtungen der Beeinflussung von Partnerschaft und Familienleben sind wissenschaftlich gut belegt. Das Paar gegebenenfalls auch als Eltern zu sehen und zum Beispiel die elterliche Kooperation zu stärken, ist daher eine selbstverständliche und unerlässliche Perspektive von Partnerschaftsberatung (Kröger, Haslbeck, Dahlin- ger, & Sanders 2010). Bei erkennbar gravierenden Ent- wicklungsproblemen einzelner Kinder wird die Inan- spruchnahme eines darauf spezialisierten Beratungs- angebots (z. B. Erziehungsberatung oder Frühförde- rung) oder eines entsprechenden medizinischen Ver- sorgungsangebots (z. B. Sozialpädiatrisches Zentrum oder Kinder- und Jugendpsychiatrie) empfohlen. Zum Standard von EPFLB-Stellen gehört ein Leitfaden zur diagnostischen Abklärung und zum Umgang mit dem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII. Darin ist auch die Vorhaltung oder die Koope- ration mit einer insofern erfahrenen Fachkraft für die Abschätzung einer Kindeswohlgefährdung geregelt. Für die Beratung in Fällen häuslicher Gewalt wurden Standards zur Diagnostik des Gefährdungspotentials, zur Sicherstellung eines geschützten Gesprächsrah- mens und zur Kooperation mit beteiligten oder einzu- beziehenden Institutionen formuliert (z. B. Rusnak 2017). Besonders deutlich wird die wechselseitige Beeinflus- sung von individuellen Bewältigungsstrategien, Part- nerschaftsproblemen und kindlicher Entwicklung in Fällen von chronisch psychisch oder körperlich er- krankten Kindern und Jugendlichen. Untersuchungen zeigen jedoch, dass schon die normale Herausforde- rung der Anpassung an ein Leben in der Familie für viele Paare zu einer dauerhaften Verringerung der Part- nerschaftszufriedenheit führt (Brandtstädter & Felser 2003). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die kommunikativen Fähigkeiten der Partner und somit ihre Konfliktbewältigung und die partnerschaftliche Unterstützung bei der Stressbewältigung weniger gut ausgebildet sind (Bodenmann 2006). Über Vorträge in Kooperation mit Hebammen und Geburtshäusern sowie durch Gruppenangebote wie „Familie werden – Paar bleiben“ bieten manche EPFLB-Stellen gezielte Unterstützung für werdende Eltern und Eltern kleinerer Kinder an. Darüber hinaus beteiligen sich viele EPFLB- Stellen an lokalen Netzwerken „Frühe Hilfen“ zur Un- terstützung von Familien mit kleinen Kindern. Beratung zu Problemen in der Partnerschaft findet idealerweise als Paarberatung statt. Es kann in Einzel- fällen bei fehlender Motivation eines Partners aber auch eine Einzelberatung durchgeführt werden. Bei ge- gebener Indikation können auch spezielle Gruppenan- gebote wahrgenommen werden. Ein Beispiel für ein bundesweit verbreitetes und gut evaluiertes Gruppen- angebot ist das Kommunikationstraining KOMKOM (Engel & Thurmaier 2005). 3. Beratung bei Trennung und Scheidung Manchmal endet eine Beratung auch in einer endgülti- gen Trennung. Sind Kinder betroffen, gehört es zum Standard, gegenüber dem anwesenden Elternteil oder beiden Eltern den zeitnahen Umgang mit den Kindern, die Entwicklung einer Umgangsgestaltung und mögli- che Reaktionen der Kinder anzusprechen, falls möglich zu reflektieren und gegebenenfalls auf entsprechende Hilfsangebote aufmerksam zu machen. Eine Umgangs- mediation kann erfolgen und wird je nach Vereinba- rung mit dem zuständigen Jugendamt auch im Rahmen der verschiedenen Modelle gerichtsnaher Be- ratung vorgehalten. Als Beispiele seien das Münchner und das Ebersberger Modell genannt. In Fällen, in denen ein Elternteil die Trennung nur schwer akzeptie- ren kann, kann eine Verweisung an eine Erziehungsbe- ratungsstelle helfen, die Realität der Trennung her- vorzuheben und die Elternschaft in den Vordergrund zu rücken. Geschlechtsspezifische und auch gemischtgeschlechtli- che Gruppen zur Bewältigung von Trennung und Scheidung werden vermehrt von Beratungsstellen an- geboten. Bei Teilnehmern, die Kinder haben, hilft der Austausch in der Gruppe, indem er sie stabilisiert, sie in ihrer Elternrolle stützt und ihnen hilft, ihren Tren- nungsschmerz unabhängig von den Kindern zu bear- beiten (z. B. Jell 2009). MITTEILUNGSBLATT 01-2019

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