Jugend und Sex

Ein Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Regelungen zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen.

 

Die rechtlichen Fakten

Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (§ 2 SGB VIII). Die Eltern haben dennoch bis zur Volljährigkeit des eigenen Kindes als gesetzliche Vertreter ein Fürsorgerecht. Sie haben die Pflicht und das Recht, sich um das eigene Kind zu kümmern, es zu erziehen und es zu beaufsichtigen.

Die sexuelle Selbstbestimmung ist die Freiheit der Person, über Ort, Zeit, Form und Partnerin bzw. Partner sexueller Betätigung zu entscheiden. Hierunter ist nicht nur Geschlechtsverkehr zu verstehen, sondern auch intensives Kuscheln, Petting oder das Eindringen mit dem Finger oder anderen Dingen. Die Aufforderung zur Selbstbefriedigung, das Zeigen von Pornofilmen oder Cyber-Grooming fallen ebenfalls unter diesen Begriff.

Da Sexualität ein zentraler Bestandteil der persönlichen Entwicklung ist, hat jede Jugendliche und jeder Jugendliche das Recht, sich darüber zu informieren. Dabei geht es sowohl um die schönen Seiten als auch um Gefahren (sexualisierte Gewalt).

In den Paragrafen 173 bis 184 des Strafgesetzbuches (StGB) versucht der deutsche Gesetzgeber, alle Personen und im Besonderen Kinder und Jugendliche vor Missbrauch zu schützen. im Folgenden zeigen wir einige wichtige gesetzliche Regelungen auf, die Fachkräfte, aber auch Kinder, Jugendliche und Eltern kennen sollten.

Schutz von Kindern und Jugendlichen

Der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen ist ein zentrales Anliegen des Strafrechts und umfasst zahlreiche gesetzliche Regelungen, die sowohl die körperliche als auch die psychische Unversehrtheit Minderjähriger sicherstellen sollen.

Altersdefinition

  • Kinder sind Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind,
  • Jugendliche sind Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind.
    In den Strafbeständen wird zwischen den Altersgruppen der 14- bis 16-Jährigen und der 16- bis 18-Jährigen unterschieden.

Erwachsene und Jugendliche, die sexuelle Handlungen an, mit oder vor Kindern vornehmen, machen sich – egal ob diese mit oder ohne Körperkontakt durchgeführt werden – strafbar (§§ 176 und 176a StGB). Hierbei ist es unerheblich, ob das Einverständnis des Kindes oder der Eltern vorliegt oder nicht. Auch Eltern, die ihren Kindern sexuelle Handlungen ermöglichen, können belangt werden (§ 180 Abs. 1 StGB).

Bereits die Anstiftung oder der Versuch sowie die Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs sind rechtswidrig. Auch das sogenannte Cyber-Grooming, also die gezielte Anbahnung sexuell motivierter Kontakte im Internet zu Minderjährigen, ist mit Strafe bewehrt. Strafbar macht sich sogar, wer lediglich glaubt, auf ein Kind einzuwirken, tatsächlich aber mit einem Erwachsenen (z. B. Elternteil oder Polizei) kommuniziert (§§ 176a und 176b StGB).

Freiwilliger Sex unter Jugendlichen, aber auch mit Erwachsenen, ist grundsätzlich straffrei.

Zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung der Jugendlichen gibt es aber Grenzen. Als sexueller Missbrauch von Jugendlichen (14 bis 18 Jahren) sind daher sexuelle Handlungen strafbar, wenn:

  • eine Zwangslage ausgenutzt wird (z. B. bei Ausreißerinnen und Ausreißern),
  • diese gegen Bezahlung geschehen (z. B. bei minderjährigen Prostituierten)

Als sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen (§ 174 StGB) sind sexuelle Handlungen mit Minderjährigen strafbar, wenn:

  • diese zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut sind (z. B. Pflegeeltern, Lehrkraft, Betreuerin und Betreuer im Trainingslager)
  • ein besonderes Betreuungs- und daher Abhängigkeitsverhältnis im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses (z. B. von der Klassen- oder Fachlehrkraft, Ausbilderin und Ausbilder, Arbeitgeberin und Arbeitgeber) ausgenutzt wird oder
  • diese zur Behandlung oder Betreuung wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung anvertraut sind (z. B. Ärztinnen und Ärzte, Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, Kranken- oder Altenpflegerinnen und -pfleger, Psychotherapeutinnen und -therapeuten)
  • die Sexualpartnerin oder der Sexualpartner das eigene Kind oder das Kind der Ehegattin oder des Ehegatten, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners oder einer Person ist, mit der Vater oder Mutter in eheähnlicher Gemeinschaft lebt.

Unabhängig davon sind sexuelle Handlungen an Jugendlichen zwischen 14 und 16 Jahren strafbar, wenn

  • sich diese in einem Rechtsverhältnis in Einrichtungen (Schule, Universität, Heim, Ausbildungszentrum, Kindergarten, Krankenhaus) befinden und die Täterin oder der Täter die Aufgabe der Erziehung, Ausbildung oder Betreuung, wie z. B. Vertretungslehrkräfte, obliegt (§ 174 Abs. 2 StGB).
  • eine Person über 21 Jahren ausnutzt, dass das Opfer nicht zur sexuellen Selbstbestimmung fähig ist, bspw. wegen fehlender sexueller Reife (§ 182 Abs. 3 StGB).

Sex in Deutschland ist also straffrei, wenn

  • beide Partnerinnen oder Partner mindestens 14 Jahre alt sind,
  • er von beiden Seiten freiwillig und einvernehmlich stattfindet,
  • keine Person dafür bezahlt wird,
  • keine Gewalt oder Bedrohung angewandt wird,
  • keiner abhängig von der Sexualpartnerin bzw. dem -partner ist (keine Lehrkraft, keine Betreuerin oder Betreuer etc.).

Wer sich in einer Situation mit sexualisierter Gewalt befindet, kann mithilfe des internationalen Handzeichens "Signal for Help" auf sich aufmerksam machen.

Formen von sexuellem Missbrauch

Sexueller Missbrauch ist unabhängig vom Alter. Wenn eine Person zum Sex durch Gewalt oder durch eine Drohung gezwungen wird, macht sich die andere Person strafbar. Es ist egal, ob das Opfer 12 oder 17 Jahre alt oder erwachsen ist. Das Strafgesetzbuch unterscheidet in:

Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt, macht sich strafbar (§ 184i StGB). Auch beleidigende sexualbezogene Äußerungen wie z. B. die Bezeichnung als "Schlampe", die Aufforderung zum Oralverkehr oder anzügliche Kontakte via Telefon, Chats oder Social Media können als Beleidigung mit sexuellem Hintergrund nach § 185 StGB strafbar sein.

Exhibitionistische Handlungen, also z. B. das sexuell motivierte Zeigen des entblößten Glieds eines Mannes gegenüber einer anderen Person ohne deren Einverständnis, können nach § 183 StGB bestraft werden. Begeht eine Frau exhibitionistische Handlungen, gilt dies als "Erregung öffentlichen Ärgernisses" (§ 183a StGB).

Wer eine Person gegen deren erkennbaren Willen zu sexuellen Handlungen zwingt, macht sich strafbar (§ 177 Abs. 1 StGB). Die Ablehnung kann durch Worte oder entsprechendes Verhalten ausgedrückt werden (z. B. durch Weinen oder Abwehren der sexuellen Handlung).

Als sexueller Übergriff gilt auch, wenn die Person nicht in der Lage ist, ihre Ablehnung zu äußern. Dies ist dann der Fall, wenn die Selbstbestimmungsfähigkeit eingeschränkt ist (z. B. durch Krankheiten, Behinderungen oder Bewusstseinsstörungen durch Medikamente, Alkohol oder Drogen), ein Überraschungsmoment ausgenutzt wird oder bei Widerstand ein empfindliches Übel (Nachteile) angedroht wird (§ 177 Abs. 2 StGB). Bereits der Versuch eines sexuellen Übergriffs ist strafbar (§ 177 Abs. 3 StGB).

Als sexuelle Nötigung gilt ein sexueller Übergriff, bei dem gegen die Person Gewalt angewendet wird (auch das heimliche Verabreichen von Rausch-, Betäubungs-, Schlafmittel oder K.O.-Tropfen zur Begehung einer Sexualstraftat zählt dazu), eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben angedroht wird (z. B. Schläge) oder aber eine schutzlose Lage ausgenutzt wird (§ 177 Abs. 5 StGB).

Vergewaltigung ist ein besonders schwerer Fall einer Nötigung, bei dem der Täter in den Körper des Opfers eindringt.

Wer selbst keine strafbaren sexuellen Handlungen begeht, sich aber an einer Personengruppe beteiligt, aus der heraus eine solche Straftat von Einzelnen begangen wird, macht sich dennoch strafbar (§ 184j StGB).

Bilder, Videos etc.

Die Verbreitung entwürdigender Bildaufnahmen, die Verletzung des Rechts am eigenen Bild sowie der Umgang mit pornografischen und kinder- bzw. jugendpornografischen Inhalten sind strafrechtlich streng geregelt, um insbesondere Kinder und Jugendliche vor Bloßstellung, Belästigung und Missbrauch zu schützen.

Werden Personen über Chats, Foren oder auch in sozialen Netzwerken wie TikTok oder Instagram beleidigt, bedroht, lächerlich gemacht oder belästigt, kann es sich um Cybermobbing handeln. Die Strafbarkeit richtet sich z. B. nach den Tatbeständen der üblen Nachrede, Beleidigung, Bedrohung bzw. Verleumdung.

Zudem ist es verboten und strafbar, Fotos von Personen herzustellen oder weiterzugeben, die deren Hilflosigkeit zur Schau stellen (z. B. Unfallopfer, Betrunkene etc.) oder die geeignet sind, deren Ansehen zu schaden (§ 201a StGB).

In Deutschland ist das Recht am eigenen Bild durch das Kunsturhebergesetz (KUG) geschützt. Die Erstellung und Verbreitung von Deepfakes, die das Bild einer Person ohne deren Zustimmung verwenden, kann eine Verletzung dieses Rechts darstellen.

Pornografie ist eine plakative Darstellung von Sexualität, bei der zwischenmenschliche Beziehungen und soziale Aspekte ausgeklammert werden. Pornografische Medien dürfen Kindern oder Jugendlichen nicht zugänglich gemacht oder öffentlich angeboten werden. Der Handel unter Erwachsenen ist jedoch erlaubt.

Auch Jugendliche machen sich bei der Weitergabe von Pornografie an Minderjährige strafbar, beispielsweise durch Überlassung von Fotos und Filmen oder Hochladen ins Internet ohne Zugangsbeschränkung für Minderjährige (§ 184 StGB).

Kinder- und Jugendpornografie ist die fotorealistische Darstellung des sexuellen Missbrauchs einer Person unter 14 Jahren (Kind) bzw. zwischen 14 und 18 Jahren (Jugend). Die Herstellung, die Verbreitung sowie der Erwerb und Besitz von Kinder- und Jugendpornografie sind Straftaten und das Gesetz sieht hierfür eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren vor, weil sie die Traumatisierung der Opfer des sexuellen Missbrauchs verstärken.

Pornografische Inhalte sind insbesondere kinder- bzw. jugendpornografisch, wenn sie sexuelle Handlungen von, an oder vor einem Kind oder Jugendlichen zum Gegenstand haben oder ein ganz oder teilweise unbekleidetes Kind bzw. einen ganz oder teilweise unbekleideten Jugendlichen in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen (Posendarstellung) oder wenn es sich um die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes/Jugendlichen handelt (§§ 184b und 184c StGB).

Auch die Veranstaltung und der Besuch kinder- und jugendpornografischer Darbietungen sind strafbar (§ 184e StGB).

Zum Schutz des Persönlichkeitsrechts dürfen Fotos und Videos von Privatpersonen nur mit Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht oder verbreitet werden. Hierunter fällt beispielsweise die Veröffentlichung eines Fotos in einem sozialen Netzwerk. Die Verletzung dieses Persönlichkeitsrechts wird auf Antrag strafrechtlich verfolgt, auch dann, wenn die Täterin bzw. der Täter eine Jugendliche bzw. ein Jugendlicher ist (§§ 22, 33 KunstUrhG).

Darüber hinaus ist es zum Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs strafbar, ohne Einwilligung Fotos von Personen zu machen, die sich in ihrer Wohnung oder in einem besonders geschützten Raum (z. B. Toilette, Umkleidekabinen) befinden (§ 201a StGB).

Genauso strafbar ist das unbefugte und unbemerkte Abfotografieren von intimen Körperteilen (§ 184k StGB), auch "Upskirting" oder "Downblousing" genannt, sowie das Zeigen solcher Aufnahmen auf dem eigenen Smartphone an weitere Personen.

Die Bildträger sowie Bildaufnahmegeräte, wie z. B. Fotos, Kamera oder Smartphone, können von den Strafverfolgungsbehörden eingezogen werden.

In Messenger-Diensten und Chatgruppen wie z. B. in Klassenchats werden teilweise Film-, Audio-, Bild- und Textdateien mit strafbaren Inhalten geteilt. Der Erhalt von Materialien mit sexuellen bzw. pornografischen Inhalten oder Gewaltdarstellungen, die in den Einstellungen im Messenger-Dienst automatisch heruntergeladen werden, ist auch für Kinder und Jugendliche verboten.

Durch den gewollten oder ungewollten Besitz, aber auch die Verbreitung verbotener Inhalte können sich Jugendliche ab 14 Jahren strafbar machen. Auch das Smartphone von Kindern und Jugendlichen kann zudem ersatzlos beschlagnahmt werden.

Hinweis: Das automatische Herunterladen von Filmen oder Bildern, welche in Chatgruppen geteilt werden, kann in den Einstellungen der Messenger-Diensten ausgeschaltet werden. So kann man den Besitz möglicher strafbarer Inhalte im Vorfeld verhindern.

Falls doch ungewollt Bilder heruntergeladen werden, sollten diese Bilder umgehend gelöscht werden.

Unter Sexting versteht man den Austausch von Nacktaufnahmen der eigenen Person über das Smartphone oder Ähnliches. Sexting birgt das Risiko, dass diese intimen Bilder von der Empfängerin oder vom Empfänger verbreitet werden.

Die Veröffentlichung im Netz ohne Zustimmung der oder des Abgebildeten ist eine Straftat (§§ 22, 33 KunstUrhG), die das Opfer häufig schwer belastet.

Strafbar ist es zudem, Fotos von nackten Kindern/Jugendlichen anzufertigen oder anzubieten, um diese zu verkaufen, bzw. solche Fotos für sich selbst oder andere Personen zu kaufen (§ 201a StGB).

Aufsichtspflichten

Wer Sex mit Jugendlichen unter 16 Jahren vermittelt (z. B. Kontakt herstellt), hierfür Gelegenheit schafft oder Vorschub leistet (z. B. durch Überlassung von Räumen), macht sich strafbar (§ 180 StGB).

Für Eltern und sonstige Aufsichtspersonen stellt sich daher oft die Frage, was sie erlauben dürfen bzw. wann sie sich strafbar machen.

Auch bei Zeltlagern, Klassenfahrten u. Ä. dürfen Erwachsene keine Gelegenheit für sexuelle Handlungen von Jugendlichen unter 16 Jahren schaffen, d. h., die Aufsichtspflichtigen (z. B. Lehrkraft, Erzieherin und Erzieher, Trainerin und Trainer … etc.) müssen entsprechende Maßnahmen (z. B. getrennte Schlafräume) ergreifen.

Für Personensorgeberechtigte gilt dieser Straftatbestand nur eingeschränkt. Solange sie ihre Erziehungspflicht nicht grob verletzen, dürfen sie erlauben, dass Sexualpartnerinnen bzw. -partner ihrer Kinder bei ihnen übernachten.

Ein grober Verstoß liegt aber regelmäßig vor, wenn das eigene Kind jünger als vierzehn Jahre ist bzw. die Sexualpartnerin oder der Sexualpartner wesentlich älter als das Kind ist.

Weiterführende Links

Sexueller Missbrauch

Probleme im Internet

Schutz von Kindern

Allgemeine Fragen zur Sexualität, Gesundheit und Verhütung