Fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen
Mit dem Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) zum 1.1.2012 wurden im Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) zwei Ansprüche auf Fachberatung eingeführt. Beide zielen darauf ab, die Praxis im Kinderschutz interdisziplinär und strukturell weiter zu qualifizieren.
Während sich § 8b Abs. 1 SGB VIII auf Einzelpersonen bezieht, die im Einzelfall bei der Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung Anspruch auf Beratung durch insoweit erfahrene Fachkräfte haben, wird in § 8b Abs. 2 SGB VIII der Beratungsanspruch von Trägern zur Entwicklung einzelfallübergreifender Konzepte zum Schutz, zur Beteiligung und zur Beschwerde von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen formuliert.
Der Beratungsanspruch besteht gegenüber den örtlichen Trägern der Jugendhilfe (Abs. 1) und gegenüber den überörtlichen Träger (Abs. 2). Seit dem Inkrafttreten des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) am 10.6.2021 müssen bei dieser Beratung und Begleitung insbesondere die spezifischen Schutzbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen berücksichtigt werden.
Rechtsgrundlagen
Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe
§ 8a Abs. 4 SGB VIII
Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG)
Art. 24 Abs. 1 Satz 3 AGSG
Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG)
§ 4 Abs. 2 KKG
Fachliche Beratung bei der Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung
Sowohl aus § 8b Abs. 1 SGB VIII (wie auch aus § 4 Abs. 2 KKG) ergibt sich gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ein Anspruch auf Beratung zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. Beide Vorschriften statuieren einen Beratungsanspruch für den jeweils genannten Personenkreis.
- richtet sich an Personen, die in beruflichem Kontakt mit Kindern und Jugendlichen stehen,
- die Sicherstellung des Beratungsangebotes obliegt dem Jugendamt.
- richtet sich an die in § 4 Abs. 1 KKG genannten Berufsgeheimnisträger,
- verlangt keinen direkten beruflichen Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen,
- die Sicherstellung des Beratungsangebotes obliegt dem Jugendamt.
Die Qualifikation der insoweit erfahrenen Fachkraft orientiert sich an den Kompetenzen entsprechend der Fachlichen Empfehlungen des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses zur Umsetzung des Schutzauftrags nach § 8a SGB VIII.
Für die Organisation der Fachberatung bei der Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung gemäß § 8b Abs. 1 SGB VIII gelten die Fachlichen Empfehlungen des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses zur Anwendung des § 8b Abs. 1 SGB VIII.
Anspruch von Trägern auf Beratung und Begleitung bei der Konzeptentwicklung für Einrichtungen
Träger von Einrichtungen, in denen sich Kinder oder Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages aufhalten oder in denen sie Unterkunft erhalten, und die zuständigen Leistungsträger, haben gegenüber dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien
1. zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt sowie
2. zu Verfahren der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an strukturellen Entscheidungen in der Einrichtung sowie zu Beschwerdeverfahren in persönlichen Angelegenheiten.
Bei der fachlichen Beratung ist den spezifischen Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Rechnung zu tragen.
Im Freistaat Bayern sind die für die Beratungsangebote gemäß § 8b Abs. 2 SGB VIII verantwortlichen überörtlichen Träger
- für den Bereich der Kindertageseinrichtungen die Kreisverwaltungsbehörden, im Fall der Trägerschaft der kreisfreien Gemeinden und der Landkreise sind es die Regierungen (§ 45 ff. SGB VIII; Art. 24 Abs. 1 S. 3 AGSG),
- für den Bereich der erlaubnispflichtigen Einrichtungen die Regierungen (§§ 45 ff. SGB VIII; Art. 45 Abs.1 S. 1 AGSG),
- für den Bereich der offenen Jugendarbeit der Bayerische Jugendring (§ 85 Abs. 2 SGB VIII; Art. 32 Abs. 4 AGSG).
Aufgaben des Landesjugendamts
Das ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt unterstützt die örtlichen Jugendämter und die Träger der freien Jugendhilfe bei der Aufgabenerfüllung durch Fortbildungen, praxisnahe Arbeitshilfen und fachliche Handlungsempfehlungen.
Fachbeiträge und Publikationen
Veröffentlichungen des ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt
ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt (2023): Fachlichen Empfehlungen "Schutzkonzepte in der Pflegekinderhilfe gemäß § 37b Abs. 1 SGB VIII", Beschluss des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses vom 15. November 2023
ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt (2013): Fachliche Empfehlungen zur Umsetzung des § 8b Abs. 1 SGB VIII (Fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen). Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses in der 125. Sitzung am 22.10.2013. (noch nicht barrierefrei)
ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt (2017): Fachliche Empfehlungen zum betreuten Wohnen für junge Menschen im Sinne sonstiger betreuter Wohnformen gemäß § 34 und § 41 SGB VIII; Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses vom 14. November 2017
ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt (2014): Fachliche Empfehlungen zur Heimerziehung gemäß § 34 SGB VIII - Fortschreibung; Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses vom 11. März 2014 (noch nicht barrierefrei)
Weitere empfohlene Veröffentlichungen
Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales; ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt; Regierungen (2022): Vollzugshinweise "Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) – Umsetzung der §§ 38, 45 ff. SGB VIII im Arbeitsfeld der Betriebserlaubnis erteilenden Behörden in Bayern" vom 21.07.2022
Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (2022): Leitfaden zur Sicherung des Schutzauftrags in Kindertageseinrichtungen.
BAG Landesjugendämter (2022): Handlungsleitlinien zur Umsetzung der durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) eingeführten Änderungen in den §§ 38, 45 ff. SGB VIII im Arbeitsfeld der Betriebserlaubnis erteilenden Behörden
BAG Landesjugendämter (2015): Sexuelle Grenzverletzungen, Übergriffe und Gewalt in betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen nach §§ 45 ff. SGB VIII
Reiners, Annette; Krüger, Krüger (2013): Die insoweit erfahrene Fachkraft. Nicht nur benennen, sondern anforderungs- und kompetenzorientiert qualifizieren! In: Zentrum Bayern, Familie und Soziales, Bayerisches Landesjugendamt (Hg.): Mitteilungsblatt Nr. 4-5, Juli – Oktober 2013, S. 1-9. (noch nicht barrierefrei)