MB_1_2019

06 I N F O 2 Beschluss des OVG Bremen zur Aufklä- rungspflicht des Jugendamtes im Rah- men der Altersfeststellung bei unbeglei- teten ausländischen Minderjährigen Das Gericht zitiert in seiner Entscheidung 1 B 53.18 vom 04.06.2018 dem Grunde nach lediglich die gesetz- lichen Regelungen des § 42f Abs. 2 Satz 3 SGB VIII, nach denen Betroffene vor einer ärztlichen Untersu- chung zur Altersfeststellung umfassend über Art und Weise der Untersuchungsmethoden, die möglichen Folgen einer Altersbestimmung sowie die Folgen einer Weigerung, sich der ärztlichen Untersuchung zu unter- ziehen, aufzuklären sind. Darüber hinaus stellt das Gericht ausdrücklich fest, dass ärztliche Gutachten ohne wirksame Einwilligung des Betroffenen und seines rechtlichen Vertreters im behördlichen Verfahren zur Altersfeststellung nach § 42f SGB VIII nicht rechtswirksam verwertbar sind. Das Jugendamt kann dabei in Wahrnehmung des Not- vertretungsrechts im Rahmen der vorläufigen Inobhut- nahme nach § 42a Abs. 3 SGB VIII dem Grunde nach selbst in eine ärztliche Untersuchung einwilligen. Aller- dings sollte eine mögliche Einwilligung personell ein- deutig von der Aufgabe der Alterseinschätzung ge- trennt werden, um etwaige Interessenskonflikte zu ver- meiden. Gleichzeitig erkannte das Gericht eine Verpflichtung der Jugendhilfe zur schriftlichen Aufklärung Betroffe- ner über die Folgen fehlender Mitwirkung im Sinne des § 66 Abs. 3 SGB I, obwohl es sich bei dem Verfahren der Altersfeststellung nicht um eine Sozialleistung han- delt. Diese Einschätzung bleibt nicht völlig unwider- sprochen, gleichwohl wird eine schriftliche Aufklärung aber im Interesse der Verwaltungsklarheit sinnvoll sein. 3 Beschluss des VG München M 18 K 16.2363 vom 06.12.2017 zur Rücknahme einer rechtswidrig begünstigenden Inob- hutnahme eines unbegleiteten ausländi- schen Minderjährigen In der Praxis wird nicht auszuschließen sein, dass un- begleitet eingereiste junge Menschen beim Erstkontakt mit der Jugendhilfe bewusst falsche Angaben zu ihrem Alter machen, um möglicherweise als Minderjährige in den Genuss von Leistungen der Jugendhilfe zu kommen. Auf dieser Basis erfolgte Inobhutnahmen junger Voll- jähriger hält das Gericht nachvollziehbar für rechts- widrig und macht an dieser Stelle deutlich, dass junge Menschen, die vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben zu ihrem Alter machen, sich im Zweifel nicht auf den Vertrauensschutz des § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X berufen können. Eine Inobhutnahme, die damit von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausging, stellt einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt dar, der mit Wirkung für die Vergangenheit zurückge- nommen werden kann. Folge der Rücknahme des Verwaltungsaktes ist dem Grunde nach, dass bereits erbrachte Leistungen zum Unterhalt nach § 50 Abs. 1 SGB X vom Begünstigten zurückzuerstatten sind. Grundsätzlich kann die o. g. Gerichtsentscheidung der Verwaltung in Zweifelsfällen ein Stück Handlungssicherheit vermitteln, wenngleich es wahrscheinlich sein dürfte, dass die Rückforderung an den finanziellen Möglichkeiten des jungen Men- schen scheitert und damit nur in Ausnahmefällen vollstreckbar wäre. MITTEILUNGSBLATT 01-2019

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