Mitteilungsblatt 3/2020

M I T T E I L U N G S B L A T T 03-2020 13 planung zu treffen und eine erhöhte Anzahl von Aus- nahmen von der Regelvermutung eines gemeinsamen Sorgerechts gerechtfertigt. Ob und wie Väter in die Hilfegestaltung unmittelbar ein- bezogen werden sollten, hängt im Wesentlichen von ei- ner einzelfallbezogenen Würdigung ab, wie der notwen- dige Einbezug des Vaters als relevante Bindungsperson des Kindes gegenüber dem eingeschätzten Risiko für erneute Partnerschaftsgewalt und der Sicherheit des Kindes bzw. der Mutter sowie der gewaltbedingten Belastung des Kindes zu gewichten sei. Bezüglich der Umgangsgestaltung in Fällen von väterli- cher Partnerschaftsgewalt wies Dr. Liel darauf hin, dass insbesondere „antisoziale bzw. psychiatrisch auffällige Väter mit hohem Kontrollbedürfnis“ ein hohes Rück- fallrisiko für Partnerschaftsgewalt aufweisen. Diese ständen einer größeren, ausschließlich in der Familie gewalttätigen und überwiegend geringer rückfallge- fährdeten Gruppe von gewalttätigen Vätern gegenüber. Dies sei bei der konkreten Ausgestaltung des Umgangs inklusive der Bestimmung des zeitlichen Umfangs mit- zudenken. Dr. Liel warb in diesem Zusammenhang für eine Entschleunigung des Prozesses und für sorgfältige Abwägungen statt schneller Lösungen zum Umgang. Begründete Entscheidungen der Fachkräfte könnten helfen, die Kinder zu entlasten. Als Ansatzpunkte für die Arbeit mit den Vätern wäre die Verantwortungsübernah- me für eigene Gewalthandlungen, gegebenenfalls die Teilnahme an einem Täterprogramm sowie eine Anlei- tung zur angemessenen Vater-Kind-Interaktion sinnvoll. Ziel sollte es dabei sein, die Erziehungsfähigkeit der gewalttätigen Väter zu fördern. Hierfür lägen mittlerwei- le auch Vorschläge für väterspezifische Maßnahmen vor, welche unter Umständen umgangsbegleitend genutzt werden könnten. Ausblick Zum Abschluss der Veranstaltung fassten Isabella Gold und Ortrun Pleier als Ergebnisse des Fachtages zu- sammen, dass dieser die Bedeutung der gelingenden Zusammenarbeit der Frauenunterstützungssysteme und der Kinder- und Jugendhilfe nachdrücklich aufgezeigt habe. Nur durch gelingendes Miteinander der beiden Hilfesysteme könne das Wohl der von Gewalt Betroffe- nen und insbesondere der Kinder sichergestellt werden. Das StMAS wird auf Landesebene auch weiterhin die Kooperation der beiden Hilfesysteme tatkräftig unter- stützen. Damit endete ein Fachtag, an dessen Ende eine Jugendamtsleitung konstatierte: „In der Kinder- und Jugendhilfe müssen wir unsere Expertise, welche kurz-, mittel- und langfristigen Auswirkungen häusliche Gewalt bei den Kindern und Jugendlichen haben, deutlich aufrüsten. Nur so ist es uns möglich, diese Kinder und Jugendlichen in ihrer besonderen Lage wirksam zu schützen und als kompetenter Kooperationspartner von allen anderen beteiligten Hilfesystemen und von den Familiengerichten ernstgenommen zu werden.“ Bildrecht: Andreas Kern B E R I C H T E A N N E T T E R E I N E R S

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI4NDAy