Mitteilungsblatt 3/2020

M I T T E I L U N G S B L A T T 03-2020 05 B E R I C H T E B E R I C H T E Nach der Eröffnung des Fachtags durch Isabella Gold (Leitung des Referats „Jugendhilfe“) und Ortrun Pleier (Leitung des Referats „Schutz von Frauen vor Gewalt“) hielt Dr. Markus Gruber (Amtschef des StMAS) das Grußwort. Er betonte, dass zur bestmöglichen Unter- stützung der betroffenen Kinder und Jugendlichen ein noch engerer Schulterschluss von Frauenunterstüt- zungssystem und Kinder- und Jugendhilfe erforderlich sei. Daher habe dieser Fachtag das Ziel, die strukturelle Zusammenarbeit der beiden Hilfesysteme mit dem spe- ziellen Fokus auf das Kindeswohl zu optimieren. Dazu sollten insbesondere Eckpunkte für eine sachgerechte Kooperation zwischen Frauenunterstützungssystemen und Trägern der Kinder- und Jugendhilfe erarbeitet und gemeinsame Fortbildungen angestoßen werden. 1. Impulsvortrag: Bedeutung von seelischer Gewalt und Vernachlässigung auf die kindli- che Entwicklung Selbst nur das indirekte Miterleben der Partnerschafts- gewalt der Eltern kann für deren Kinder traumatisierend und kindeswohlgefährdend sein. Den ersten Impuls präsentierte Prof. Dr. Volker Mall vom kbo-Kinderzentrum München, mit seinem Vortrag zum Thema „Bedeutung von seelischer Gewalt und Vernachlässigung für die kindliche Entwicklung“. Besonders eindrücklich war hier die Erkenntnis, dass die Traumafolgestörungen, die eine Person nach dem direk- ten Erleben von traumatischen Ereignissen entwickeln kann, sich nicht unbedingt von denen unterscheiden, die sich nach einer Konfrontation mit einem traumatischen Ereignis als Augenzeugin bzw. Augenzeuge entwickeln. Sogar schon allein das „bloßen Erfahren bzw. Hören“, dass nahe Verwandte oder enge Bekannte einem trau- matischen Ereignis ausgesetzt waren, kann dieselben Störungen zur Folge haben. Zu den traumatischen Ereignissen zählen unter anderem tödliche Bedrohung, schwere Verletzung, angedrohte schwere Verletzung, sexuelle Gewalt oder angedrohte sexuelle Gewalt. Somit kann auch die eskalierte Partner- schaftsgewalt der Eltern bzw. das direkte oder indirekte Miterleben derselben als traumatisches Ereignis für deren Kinder gewertet werden. Prof. Dr. Mall setzte aus diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen heraus die häusliche Gewalt, die ein Kind miterlebt, dem Tatbestand der Kindeswohlgefährdung gleich. Darüber hinaus wies er auf den Umstand hin, dass eine räumliche Trennung der Eltern nicht gleich- zusetzen sei mit einem Ende der elterlichen Partner- schaftsgewalt. Die Bedrohung durch den gewalttätigen Partner könne auch nach der Trennung – beispielsweise bei Umgangskontakten – weiterbestehen und für die Kinder eine Fortsetzung der Traumatisierung bedeuten. Schlussendlich resümierte Prof. Dr. Mall, dass Schutz- konzepte für von häuslicher Partnerschaftsgewalt be- troffene Kinder unter diesen Aspekten überprüft werden müssen. 2. Impulsvortrag: Bedarfe von Kindern im Kontext elterlicher Partnerschaftsgewalt Die Primär- & Sekundärfolgen von häuslicher Partner- schaftsgewalt auf die Kinder sind abhängig von den Mustern der ausgeübten Gewalt. JUGENDHILFE UND DAS FRAUENUNTERSTÜTZUNGSSYSTEM Am 05.02.2020 fand in München der landesweite Fachtag „Das Kindeswohl im Blick: Optimierung der Zusammenar- beit zwischen der Kinder- und Jugendhilfe und dem Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder“ statt. Über 200 Vertreterinnen und Vertreter der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe und der Frauenunterstützungssyste- me (Frauenhäuser und Fachberatungsstellen/Notrufe für von häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt betroffene Frauen) folgten der Einladung des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) zum Fachtag, der zusammen mit dem ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt und der landesweiten Koordinierungsstelle gegen häusliche und sexualisierte Gewalt konzipiert wurde.

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