Mitteilungsblatt 04_2022

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 4 Jugendhilfe scheidet zumindest für die Aufgaben gem. § 10b Abs. 1 SGB VIII aus. Auch wenn die Aufgaben gem. § 10b Abs. 2 SGB VIII vom Wortlaut auch außer halb des öffentlichen Trägers wahrgenommen werden könnten, kommt dies aufgrund der o. g. Aufgabenbe schreibung nicht in Frage. - - Allerdings muss der Verfahrenslotse nicht zwingend im Jugendamt angesiedelt sein. Gem. Art. 15 AGSG sind in Bayern die Landkreise und kreisfreien Gemeinden örtliche Träger der Kinder- und Jugendhilfe, dementspre chend können die Verfahrenslotsen auch außerhalb des Jugendamtes, aber innerhalb der kommunalen Verwal tung angesiedelt werden. - - Vorstellbar ist auch eine Kooperation von mehreren öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe gem. § 69 Abs. 4 SGB VIII, wie es beispielsweise im Bereich des Pflegekinderwesens oder auch der Adoption bereits umgesetzt wird. Die in § 10b Abs. 1 SGB VIII geforderte Unabhängigkeit der Verfahrenslotsen, aber auch die Unterstützung des Jugendamtes bei der Zusammenführung der Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen, schließt eine Personalunion von Leistungsprüfung bzw. -gewäh rung und Verfahrenslotse aus. Sodass die Verfahrenslot sen – soweit sie ihren Platz innerhalb des Jugendamtes haben sollen – entweder eine eigenständige Einheit, beispielsweise als Stabsstelle bei der Jugendamtsle tung, innerhalb der Verwaltung darstellen oder aber an dere eigenständigen Einheiten innerhalb des Jugendam tes zugeordnet werden. - - i- - - Die Ansiedlung innerhalb des örtlichen öffentlichen Trägers der Kinder- und Jugendhilfe hat auch zur Folge, dass die Verfahrenslotsen unter die Regelung des § 79 SGB VIII fallen und somit sowohl sachlich als auch per sonell dem Bedarf entsprechend ausgestattet werden müssen. - Qualifikation der Verfahrenslotsen In Bezug auf die Qualifikation der Verfahrenslotsen wird sich in der Gesetzesbegründung nur insoweit festge legt, dass es sich dabei um eine Fachkraft handeln soll. In dem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) veröffentlichten Sach standsbericht zur Machbarkeitsstudie „Auf dem Weg zum Verfahrenslotsen“ wird dies dahingehend konkre tisiert, dass von den Verfahrenslotsen „multiprofessi onelle Kompetenzen insbesondere aus den Bereichen - - - - Recht, Inklusion und Teilhabe, Soziale Arbeit, Verwal tung und Administration sowie auch der (barrierefreien) Kommunikation, Gesprächsführung und Beratung“ erwartet werden. Weitergehend wird formuliert, dass die Wahrnehmung der Aufgaben gem. § 10b Abs. 1 SGB VIII, d. h. die Beratung und Unterstützung der Leistungsberechtigten bzw. deren Familien zur eigen verantwortlichen Wahrnehmung ihrer Rechte, sozialpädagogische Beratungsmethoden voraussetzen. Die Aufgaben aus § 10b Abs. 2 SGB VIII dagegen setzen Kompetenzen in der Netzwerkarbeit und strukturellen Kooperation voraus. Je nachdem wie weitgehend die Unterstützung des Jugendamtes durch den Verfahrens lotsen im Sinne einer Organisationsentwicklung hin zu einem inklusiven Jugendamt verstanden wird, erschei nen Kompetenzen in der Organisationsberatung und -entwicklung erforderlich. - - - - Bei der Auswahl der jeweiligen Fachkraft bzw. Fach kräfte wird ein entscheidender Faktor dementsprechend sein, ob die beiden Aufgaben durch eine Person wahrgenommen werden oder ob eine Aufgabenteilung angedacht ist. - Bayerisches Modellprojekt „Verfahrenslotsen“ in der Kinder- und Jugendhilfe Der Bundesgesetzgeber eröffnet den Kommunen die Möglichkeit, bereits vor dem 01.01.2024 Verfahrens lotsen einzuführen (vgl. § 107 Abs. 1 SGB VIII). Diese Möglichkeit wurde in Bayern aufgegriffen, so dass zur Erprobung, vorzeitigen Umsetzung und Erarbeitung lan desweiter fachlicher Empfehlungen durch den Bayeri schen Landtag Mittel für ein Modellprojekt bereitgestellt wurden mit dem Ziel, bestehende Fragen und Unklarhei ten zu klären bzw. in der Praxis zu erproben, was sich bewähren könnte. - - - - Aus den eingegangenen 24 Projektskizzen mit den unterschiedlichsten konzeptionellen Ausrichtungen und Schwerpunkten wurden die folgenden Modellstandorte ausgewählt: • Landkreis Amberg-Sulzbach • Landkreis Günzburg • Landkreis Hof • Landkreis Mühldorf a. Inn • Landkreis Nürnberger-Land • Landkreis Wunsiedel i. F. • Kooperationsprojekt der Stadt Rosenheim und dem Landkreis Rosenheim • Kooperationsprojekt der Jugendämter der Region 10: Landkreis Eichstätt, Landkreis Neuburg Schroben hausen, Landkreis Pfaffenhofen, Stadt Ingolstadt - T H EMA

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