Mitteilungsblatt 04_2022

Zentrum Bayern Familie und Soziales Bayerisches Landesjugendamt 04 THEMA 02 Beginn des bayerischen Modellprojekts „Verfahrenslotsen“ BERICHTE 06 Regionalkonferenzen für ASD-Leitungen 2022 Info 09 Fallzahlenentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe in Bayern 12 Ein Einblick in die Entwicklung der Eltern briefe in Leichter Sprache - 15 Praxisleitfaden für die Bedarfsplanung ganztägiger Bildungs- und Betreuungsan gebote für Kinder im Grundschulalter - 18 Nachruf auf Jutta Mikulasch-Gyba 19 Personalia 19 Zu guter Letzt 2022

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 2 KINDER- UND JUGENDHILFE Der Umsetzungsprozess soll dabei in drei Schritten erfolgen: Der nächste Schritt, die Einführung der Verfahrenslot sen, steht somit in einem Jahr an. Dementsprechend wird sich auf unterschiedlichsten Ebenen, auch oder v. a. bei den öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugend hilfe, bereits jetzt intensiv damit beschäftigt. Drängen de Fragestellungen sind dabei u. a. die Aufgaben des Verfahrenslotsen, die Verortung bei öffentlichen Trägern, benötigte Stellenanteile und vieles mehr. - - - Auch wenn sich ein Teil der Fragestellungen bereits beantworten lassen, werden viele Fragen zunächst ungeklärt bleiben.2 An vielen Punkten wird man sich am Gesetzestext und der Gesetzesbegründung orientieren und zwischen den beiden Absätzen differenzieren müssen: § 10b SGB VIII Verfahrenslotse (Inkrafttreten: 01.01.2024) (1) Junge Menschen, die Leistungen der Eingliede rungshilfe wegen einer Behinderung oder wegen einer drohenden Behinderung geltend machen oder bei denen solche Leistungsansprüche in Betracht kommen, sowie ihre Mütter, Väter, Personensor ge- und Erziehungsberechtigten haben bei der Antragstellung, Verfolgung und Wahrnehmung dieser Leistungen Anspruch auf Unterstützung und - - Begleitung durch einen Verfahrenslotsen. Der Ver fahrenslotse soll die Leistungsberechtigten bei der Verwirklichung von Ansprüchen auf Leistungen der Eingliederungshilfe unabhängig unterstützen sowie auf die Inanspruchnahme von Rechten hinwirken. Diese Leistung wird durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe erbracht. (2) Der Verfahrenslotse unterstützt den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Zusam menführung der Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen in dessen Zuständigkeit. Hierzu berichtet er gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe halbjährlich insbesondere über Erfahrungen der strukturellen Zusammenarbeit mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen, insbesondere mit anderen Rehabilitationsträgern. - - Demnach werden die Verfahrenslotsen zwei grundsätz lich unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen müssen, die sich an unterschiedliche Adressatinnen und Adressaten richten werden, aber gemeinsame Bezugspunkte haben können. - Begleitung und Unterstützung gem. § 10b Abs. 1 SGB VIII Gem. § 10b Abs. 1 SGB VIII haben junge Menschen mit einem (potenziellen) Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe gem. SGB IX bzw. § 35a SGB VIII und deren Familien einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung durch den Verfahrenslotsen. Dabei beschränkt der Bundesgesetzgeber den Anspruch nicht nur auf die jungen Menschen und deren Eltern bzw. Personensorgeberechtigten, sondern öffnet ihn explizit auch für Erziehungsberechtigte, d. h. beispielsweise Mit Inkrafttreten des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) führt der Bundesgesetzgeber schrittweise die Zuständigkeit für Leistungen für junge Menschen mit Behinderung unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe zusammen. BEGINN DES BAYERISCHEN MODELLPROJEKTS „VERFAHRENSLOTSEN“ T H EMA 1 Die dritte Stufe, d. h. die Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für alle jungen Menschen, tritt zum 01.01.2028 nur in Kraft, wenn bis zum 01.01.2027 ein Bundesgesetz vorliegt, in dem die nähere Ausgestaltung (leistungsberechtigter Personenkreis, Art und Umfang der Leistungen, usw.) geregelt ist. 2 Erste Antworten dazu finden sich beispielsweise in dem „Positionspapier zum Verfahrenslotsen – § 10b SGB VIII, Positionen und Vorschläge für die Umsetzung in die Praxis“ des DIJuF (https://bit.ly/3WsFl97, zuletzt abgerufen am 02.11.2022) oder auch im Newsletter des AFET e. V. „Impu!se – Der Verfahrenslotse gemäß § 10b SGB VIII – Impulse für die Anforderungen und Umsetzung der neuen Aufgabe“ von Friederike Eilers (https://bit.ly/3NxH1dJ, zuletzt abgerufen am 02.11.2022). [Ü1] Kinder- und Jugendhilfe [Ü2] Beginn des bayerischen Modellprojekts „Verfahrenslotsen“ [Teaser, kursiv, einspaltig] Mit Inkrafttreten des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) führt der Bundesgesetzgeber schrittweise die Zuständigkeit für Leistungen für junge Menschen mit Behinderung unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe zusammen. Der Umsetzungsprozess soll dabei in drei Schritten erfolgen: 1 Der nächste Schritt, die Einführung der Verfahrenslotsen, steht somit in einem Jahr an. Dementsprechend wird sich auf unterschiedlichsten Ebenen, auch oder v. a. bei den öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, bereits jetzt intensiv damit beschäftigt. Drängende Fragestellungen sind dabei u. a. die Aufgaben des Verfahrenslotsen, die Verortung bei öffentlichen Trägern, benötigte Stellenanteile und vieles mehr. Auch wenn sich ein Teil der Fragestellungen bereits beantworten lassen, werden viele Frage zunächst ungeklärt bleiben.2 An vielen Punkten wird man sich am Gesetzestext und der Gesetzesbegründung orientieren und zwischen den beiden Absätzen differenzieren müssen: § 10b SGB VIII Verfahrenslotse (Inkrafttreten: 01.01.2024) (1) Junge Menschen, die Leistungen der Eingliederungshilfe wegen einer Behinderung oder wegen einer drohenden Behinderung geltend machen oder bei denen solche Leistungsansprüche in Betracht kommen, sowie ihre Mütter, Väter, Personensorge- und Erziehungsberechtigten haben bei der Antragstellung, Verfolgung und Wahrnehmung dieser Leistungen Anspruch auf Unterstützung und Begleitung durch einen Verfahrenslotsen. Der Verfahrenslotse soll die Leistungsberechtigten bei der Verwirklichung von Ansprüchen auf 1 Die dritte Stufe, d. h. die Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für alle jungen Menschen, tritt zum 01.01.2028 nur in Kraft, wenn bis zum 01.01.2027 ein Bundesgesetz vorliegt, in dem die nähere Ausgestaltung (leistungsberechtigter Personenkreis, Art und Umfang der Leistungen, usw.) geregelt ist. 2 Erste Antworten dazu finden sich beispielsweise in dem „Positionspapier zum Verfahrenslotsen – § 10b SGB VIII, Positionen und Vorschläge für die Umsetzung in die Praxis“ des DIJuF (https://bit.ly/3WsFl97 zuletzt abgerufen am 02.11.2022) oder auch im Newsletter des AFET e. V. „Impu!se - Der Verfahrenslotse gemäß § 10b SGB VIII – IMPULSE FÜR DIE Anforderungen und Umsetzung der neuen Aufgabe“ von Friederike Eilers (https://bit.ly/3NxH1dJ zuletzt abgerufen am 02.11.2022). seit 10.06.2021 Inklusive Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe ab 01.01.2024 Verfahrenslotsen gem. § 10b SGB VIII ab 01.01.2028 Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für alle jungen Menschen 1

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 3 Pflegeeltern. Auch den Zeitraum, in dem die Beratung und Unterstützung durch den Verfahrenslotsen geleistet werden kann, ist offen formuliert. Somit kann die Be ratung und Unterstützung sowohl vor der Beantragung möglicher Hilfen als auch während laufender Hilfen in Anspruch genommen werden. Daraus lässt sich aber auch ableiten, dass der Verfahrenslotse nur auf Wunsch der Anspruchsberechtigten tätig wird und keine Zugangsvoraussetzung für die Inanspruchnahme von Eingliederungshilfeleistungen darstellt. - Laut Gesetzesbegründung soll der Verfahrenslotse anspruchsberechtigten jungen Menschen und deren Familien durch das komplexe Sozialleistungssystem mit den unterschiedlichsten Leistungsansprüchen und Zu ständigkeiten lotsen. Auch wenn § 10b Abs. 1 SGB VIII ausschließlich „Unterstützung“ und „Begleitung“ als Aufgaben benennt, sind diese Tätigkeiten immer auch mit Beratung verbunden. Dabei kann die Tätigkeit des Verfahrenslotsen von inhaltlicher Beratung zu Leistun gen der Eingliederungshilfe, über Unterstützung bei der Beantragung bzw. Inanspruchnahme von Leistungen bis hin zur Begleitung als Vertrauensperson reichen. Da andere Beratungsangebote, insbesondere gem. § 10a SGB VIII und §§ 32, 106 SGB IX bestehen bleiben, gilt es rechtzeitig in Kooperation mit den jeweiligen Trägern zu treten, um Doppelstrukturen zu vermeiden. Gleichzeitig gilt es in diesem Zusammenhang über die Besonderheiten der Beratungsleistung des Verfahrenslotsen die spezifischen Kenntnisse der Bedarfe von jungen Menschen mit Behinderung und deren Familien zu informieren. - - Unterstützung des öffentlichen Trägers der Kinder- und Jugendhilfe bei der Zusammenführung der Leis tungen der Eingliederungshilfe für jungen Menschen gem. § 10b Abs. 2 SGB VIII - Als zweite Aufgabe sollen die Verfahrenslotsen gem. § 10b Abs. 2 SGB VIII den örtlichen öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe bei der Zusammenfüh rung der Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen in dessen Zuständigkeit unterstützen und den Wissenstransfer gewährleisten. Der Bundesge setzgeber präzisiert die Aufgabe des Verfahrenslotsen dahingehend nur insoweit, dass dazu gegenüber dem örtlichen öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhi fe Bericht erstattet werden soll. Die Berichterstattung soll insbesondere über Erfahrungen der strukturellen Zusammenarbeit mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen, v. a. mit anderen Rehabilitationsträgern, erfolgen. Die Gesetzesbegründung nennt den Jugend - - l- - hilfeausschuss als möglichen Adressaten des Berichts. In welcher Form oder auch mit welchem konkreten Inhalt der Bericht erfolgen soll, wird allerdings nicht weiter ausgeführt. Die Verfahrenslotsen bzw. die Jugendämter erhalten durch die fehlenden Konkretisierungen in der Ausfüh rung, Gestaltung und Wahrnehmung dieser Aufgabe des Verfahrenslotsen einen größeren Spielraum als bei der anderen Aufgabe des Verfahrenslotsen. Gleichzei tig lässt sich aus den Formulierungen schließen, dass der Verfahrenslotse fallunabhängig zur strukturellen Kooperation mit sämtlichen Institutionen und Trägern, die im Zusammenhang mit der Erbringung von Einglie derungshilfeleistungen zuständig sind, verpflichtet ist. Diese Verpflichtung bietet allen Beteiligten die Chance zur Verbesserung der Kooperation an den Schnittstel len, die auch nach Zusammenführung der Leistungen der Eingliederungshilfe bestehen bleiben. Und auch falls es im Jahr 2028 nicht zur Zusammenführung der Leistungen kommen sollte, werden die gewonnenen Erfahrungen die zukünftige Kooperation an den Schnitt stellen gewinnbringend fördern. Über die strukturelle Kooperation hinaus ist allerdings nicht geregelt, wie der Verfahrenslotse den Wechsel bzw. Übergang der Zuständigkeit unterstützen soll. Solange aber durch den Bundesgesetzgeber die nähere Ausgestaltung hinsichtlich des leistungsberechtigten Personenkreises, der Art und des Umfangs der Leistung, der Kostenbeteiligung und des Verfahrens nicht abschließend geregelt ist, lässt sich der Zuständigkeitswechsel nur begrenzt vorbereiten. Unabhängig davon kann und sollte in die Ko operation mit dem Träger der Eingliederungshilfe, aber auch anderen Rehabilitationsträgern, investiert werden, um Schnittstellen zu identifizieren, zu beschreiben und die Zusammenarbeit an diesen zu verbessern. Unter beiden derzeit für das Jahr 2028 vorstellbaren Konstella tionen hinsichtlich der Zuständigkeit für Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen mit (drohenden) Behinderungen werden Schnittstellen zwischen den Systemen bestehen bleiben, an denen im Sinne der Leistungsberechtigten bzw. dem nahtlosen Ineinan dergreifen der Leistungen eine gute und zielführende Zusammenarbeit erforderlich sein wird. - - - - - - - - Ansiedlung beim örtlichen Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe Gem. § 10b Abs. 1 S. 3 SGB VIII wird der Verfah renslotse durch den örtlichen Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe erbracht. Die Verortung des Verfahrenslotsen bei einem freien Träger der Kinder- und - T H EMA

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 4 Jugendhilfe scheidet zumindest für die Aufgaben gem. § 10b Abs. 1 SGB VIII aus. Auch wenn die Aufgaben gem. § 10b Abs. 2 SGB VIII vom Wortlaut auch außer halb des öffentlichen Trägers wahrgenommen werden könnten, kommt dies aufgrund der o. g. Aufgabenbe schreibung nicht in Frage. - - Allerdings muss der Verfahrenslotse nicht zwingend im Jugendamt angesiedelt sein. Gem. Art. 15 AGSG sind in Bayern die Landkreise und kreisfreien Gemeinden örtliche Träger der Kinder- und Jugendhilfe, dementspre chend können die Verfahrenslotsen auch außerhalb des Jugendamtes, aber innerhalb der kommunalen Verwal tung angesiedelt werden. - - Vorstellbar ist auch eine Kooperation von mehreren öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe gem. § 69 Abs. 4 SGB VIII, wie es beispielsweise im Bereich des Pflegekinderwesens oder auch der Adoption bereits umgesetzt wird. Die in § 10b Abs. 1 SGB VIII geforderte Unabhängigkeit der Verfahrenslotsen, aber auch die Unterstützung des Jugendamtes bei der Zusammenführung der Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen, schließt eine Personalunion von Leistungsprüfung bzw. -gewäh rung und Verfahrenslotse aus. Sodass die Verfahrenslot sen – soweit sie ihren Platz innerhalb des Jugendamtes haben sollen – entweder eine eigenständige Einheit, beispielsweise als Stabsstelle bei der Jugendamtsle tung, innerhalb der Verwaltung darstellen oder aber an dere eigenständigen Einheiten innerhalb des Jugendam tes zugeordnet werden. - - i- - - Die Ansiedlung innerhalb des örtlichen öffentlichen Trägers der Kinder- und Jugendhilfe hat auch zur Folge, dass die Verfahrenslotsen unter die Regelung des § 79 SGB VIII fallen und somit sowohl sachlich als auch per sonell dem Bedarf entsprechend ausgestattet werden müssen. - Qualifikation der Verfahrenslotsen In Bezug auf die Qualifikation der Verfahrenslotsen wird sich in der Gesetzesbegründung nur insoweit festge legt, dass es sich dabei um eine Fachkraft handeln soll. In dem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) veröffentlichten Sach standsbericht zur Machbarkeitsstudie „Auf dem Weg zum Verfahrenslotsen“ wird dies dahingehend konkre tisiert, dass von den Verfahrenslotsen „multiprofessi onelle Kompetenzen insbesondere aus den Bereichen - - - - Recht, Inklusion und Teilhabe, Soziale Arbeit, Verwal tung und Administration sowie auch der (barrierefreien) Kommunikation, Gesprächsführung und Beratung“ erwartet werden. Weitergehend wird formuliert, dass die Wahrnehmung der Aufgaben gem. § 10b Abs. 1 SGB VIII, d. h. die Beratung und Unterstützung der Leistungsberechtigten bzw. deren Familien zur eigen verantwortlichen Wahrnehmung ihrer Rechte, sozialpädagogische Beratungsmethoden voraussetzen. Die Aufgaben aus § 10b Abs. 2 SGB VIII dagegen setzen Kompetenzen in der Netzwerkarbeit und strukturellen Kooperation voraus. Je nachdem wie weitgehend die Unterstützung des Jugendamtes durch den Verfahrens lotsen im Sinne einer Organisationsentwicklung hin zu einem inklusiven Jugendamt verstanden wird, erschei nen Kompetenzen in der Organisationsberatung und -entwicklung erforderlich. - - - - Bei der Auswahl der jeweiligen Fachkraft bzw. Fach kräfte wird ein entscheidender Faktor dementsprechend sein, ob die beiden Aufgaben durch eine Person wahrgenommen werden oder ob eine Aufgabenteilung angedacht ist. - Bayerisches Modellprojekt „Verfahrenslotsen“ in der Kinder- und Jugendhilfe Der Bundesgesetzgeber eröffnet den Kommunen die Möglichkeit, bereits vor dem 01.01.2024 Verfahrens lotsen einzuführen (vgl. § 107 Abs. 1 SGB VIII). Diese Möglichkeit wurde in Bayern aufgegriffen, so dass zur Erprobung, vorzeitigen Umsetzung und Erarbeitung lan desweiter fachlicher Empfehlungen durch den Bayeri schen Landtag Mittel für ein Modellprojekt bereitgestellt wurden mit dem Ziel, bestehende Fragen und Unklarhei ten zu klären bzw. in der Praxis zu erproben, was sich bewähren könnte. - - - - Aus den eingegangenen 24 Projektskizzen mit den unterschiedlichsten konzeptionellen Ausrichtungen und Schwerpunkten wurden die folgenden Modellstandorte ausgewählt: • Landkreis Amberg-Sulzbach • Landkreis Günzburg • Landkreis Hof • Landkreis Mühldorf a. Inn • Landkreis Nürnberger-Land • Landkreis Wunsiedel i. F. • Kooperationsprojekt der Stadt Rosenheim und dem Landkreis Rosenheim • Kooperationsprojekt der Jugendämter der Region 10: Landkreis Eichstätt, Landkreis Neuburg Schroben hausen, Landkreis Pfaffenhofen, Stadt Ingolstadt - T H EMA

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 5 • Stadt München • Stadt Nürnberg Bei der Auswahl wurde neben unterschiedlichen konzeptionellen Ansätzen (Ansiedlung im Jugendamt, Kooperationsmodelle, Qualifikation, Aufgaben-/Stel lenteilung …) und angedachten Stellenanteilen, auch die Größe des Jugendamtes bzw. eine Verteilung über kreisfreie Städte und Landkreise berücksichtigt und möglichst eine Verteilung über die sieben Regierungsbe zirke angestrebt. - - Das Modellprojekt startete zum 01.10.2022 und endet am 31.12.2023, so dass die Modellstandorte nahtlos in den „Regelbetrieb“ übergehen können und somit ihrem gesetzlichen Auftrag ab dem 01.01.2024 nachkommen werden. Die Begleitung der Modellstandorte erfolgt durch das ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt. Zudem erfolgt eine übergeordnete Koordination und Steuerung durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, den Bayerischen Städte- und Landkreis tag, den Vorstand des bayerischen Landesjugendhil - - feausschusses und das ZBFS-Bayerisches Landesju gendamt. Die Begleitung durch das ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt wird über den Modellzeitraum hinaus drei Monate fortgeführt und endet im März 2024. Bis dahin können noch offene Fragestellungen geklärt wer den, aber auch derzeit aufgestellte Hypothesen verifi ziert bzw. widerlegt werden. Neben Antworten auf die konkreten strukturellen, organisationalen, personellen und finanziellen Fragestellungen, liegen dann aber auch Erfahrungen über Herausforderungen und Problemlagen vor, welche über fachliche Empfehlungen des Bayeri schen Landesjugendhilfeausschusses allen bayerischen Jugendämtern für eine künftig gelingende Umsetzung an die Hand gegeben werden. - - - - T H EMA MA R I E FINGERHUT

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 6 HILFEN ZUR ERZIEHUNG Gemeinsam mit den jeweiligen Gastgeberinnen und Gastgebern aus den Landratsämtern Bad Tölz-Wolfrats hausen, Lichtenfels, Ostallgäu, Regensburg, Würzburg und den Städten Regensburg und Straubing durften wir 90 leitende Fachkräfte aus 69 teilnehmenden Jugendämtern begrüßen. Die jeweils zuständigen Jugendamtsleitungen oder deren Vertreterinnen und Vertreter der Veranstaltungsorte ließen es sich nicht nehmen, ebenfalls ihre Wertschätzung zu zeigen und hießen ihre Gäste persönlich willkommen. Wie es sich in den vergangenen Jahren bewährte, wurde zunächst über Neuigkeiten aus dem ZBFS-Bayerisches Landes jugendamt berichtet. Im Anschluss wurde sich dem fachlichen Austausch untereinander gewidmet und am Nachmittag gemeinsam an einem Schwerpunktthema gearbeitet, sodass sich der Tag aus einer Mischung aus Input und anregenden Diskussionen zusammensetzte. - - Das Schwerpunktthema orientierte sich an der 27. ge samtbayerische Jugendamtsleitungstagung (JALT), die im April 2022 unter dem Thema „Bedarf einer künftig inklusiv ausgerichteten Kinder- und Jugendhilfe in Bay ern“ stattfand. Die Regionalkonferenzen für ASD-Leitungen standen somit unter dem Thema „Inklusion“ und wir freuten uns, in drei Regierungsbezirken Vertreterinnen und Vertreter der Bezirke als Träger der Eingliede rungshilfe für Kinder und Jugendliche mit (drohender) körperlicher, geistiger oder Mehrfachbehinderung in Bayern für einen ersten Austausch – auch im Hinblick auf die voraussichtliche Zusammenführung der Leistun gen für alle Kinder und Jugendlichen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe – gewinnen zu können. - - - - Die Vertreterinnen und Vertreter der Bezirke referierten zunächst über die Leistungen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Die Bezirke als überörtliche Träger der Eingliederungshilfe sind gem. Art. 64 Abs. 2 AGSG unabhängig von der Art der Behin derung für alle Maßnahmen der Frühförderung, d. h. - für alle Leistungen der Eingliederungshilfe bis zum Schuleintritt, zuständig. Mit Schuleintritt bis im Regel fall zur Vollendung des 21. Lebensjahrs, in Ausnahme fällen bis zum 27. Lebensjahr, liegt die Zuständigkeit für junge Menschen mit einer (drohenden) seelischen Behinderung bei den örtlichen öffentlichen Trägern. Die Bezirke als Träger der Eingliederungshilfe sind in dieser Altersgruppe ausschließlich für junge Menschen mit körperlichen, geistigen oder mehrfach Behinderungen zuständig, sofern die gleichen Maßnahmen der Ein gliederungshilfe erforderlich sind. Dementsprechend unterscheiden die Bezirke im ersten Schritt zwischen Leistungen für Kinder im Vorschulalter und Leistungen für Kinder und Jugendliche im Schulalter. - - - Neben vorgenannter Unterscheidung von Lebensab schnitten wird – ähnlich wie in der Kinder- und Jugend hilfe – differenziert zwischen - - • ambulanten Maßnahmen, d. h. Leistungen, die stun denweise entweder in der Lebenswelt des jungen Menschen oder in einer Einrichtung/Praxis erbracht werden, - • teilstationären Maßnahmen, d. h. Leistungen, die in einer Einrichtung, in einem Gruppenkontext an meh reren Tagen in der Woche über mehrere Stunden erbracht werden und - • stationären Maßnahmen, d. h. Leistungen, die in einer Einrichtung, in einem Gruppenkontext über Tag und Nacht erbracht werden. Darüber hinaus werden durch die Bezirke noch „Sons tige Leistungen“ erbrachtet. Dabei handelt es sich u. a. um (einmalige) finanzielle Leistungen für z. B. Hilfsmit tel, Mobilitätshilfen, aber auch Schulgelder. - - Zu den ambulanten Maßnahmen zählen: • Die Interdisziplinäre Frühförderstelle, die ausschließ lich Kinder von der Geburt bis zum individuellen Schuleintritt behandeln und eine Komplexleistung anbieten. Diese Leistung setzt sich zusammen aus - Auch in diesem Jahr fanden von Mai bis Juli – mittlerweile zum elften Mal – die fest etablierten Regionalkonferenzen für die ASD-Leitungen in Bayern statt. REGIONALKONFERENZEN FÜR ASD-LEITUNGEN 2022 B E R I C H T E

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 7 medizinischen Leistungen der Kinderärztinnen und Kinderärzte, medizinisch/therapeutischen Leistungen (Logopädie, Ergo- und Physiotherapie) der Kranken kassen und aus heilpädagogisch/psychologischen Leistungen der Eingliederungshilfe, - • Assistenzleistungen, sowohl für Freizeitveranstaltun gen/-unternehmungen, wie auch für den Besuch von Kindertageseinrichtung, Schule oder Heilpädagogi scher Tagesstätte, - - • Heilpädagogische Leistungen, • Pflegefamilien. Die teilstationären Maßnahmen umfassen: • Integrationsplätze in Kindertageseinrichtungen: Nach dem BayKiBiG wird der Personalschlüssel in Kindertageseinrichtungen, die Kinder mit Behinde rung betreuen, um den Faktor 4,5 erhöht. Als Ein gliederungshilfeleistung erfolgt pro betreutem Kind eine zusätzliche Erhöhung auf den Faktor 5,5, eine Sachkostenpauschale und 50 Stunden heilpädagogi sche Förderung, - - - • Heilpädagogische Tagesstätten. Stationäre Maßnahmen sind: • Kurzzeitunterbringung/-pflege für eine kurzzeitige Aufnahme von Kindern und Jugendlichen in einem Wohnheim, um die Eltern zu entlasten oder die Versorgung beim Ausfall der Betreuungsperson sicher zu stellen. Die Aufenthalte finden meistens an mehreren Wochenenden im Jahr und in einzelnen Ferienwochen statt, wobei die Finanzierung nachran gig nach den Pflegekassen erfolgt, - • Wohnheime. Die Unterbringung in einer Pflegefamilie, die im Ver ständnis der Kinder- und Jugendhilfe eine stationäre Maßnahme darstellt, ist in der Systematik der Bezirke eine ambulante Maßnahme. Neben Unterschieden zwischen den Systemen Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfe, wie unterschiedliche (Fach-) Sprachen, Vorgehensweisen bei der Bedarfsermittlung und Hilfegewährung oder auch welche Professionen zu den Fachkräften zählen, fielen im Austausch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Bezirke aber auch Ge meinsamkeiten auf. Neben der Vergleichbarkeit einiger Leistungen fiel dabei auch auf, dass Schulbegleitungen in beiden Systemen einen großen Anteil der gewährten Maßnahmen darstellen. Die Träger der Eingliederungs hilfe reagieren darauf teilweise in ähnlicher Weise, in dem sie sich um eine verstärkte Steuerung dieser Ein zelfälle bemühen. Die Vertreterinnen und Vertreter der - - - - Bezirke als Träger der Eingliederungshilfe berichteten zudem vereinzelt, dass sie bei Schulbegleitungen gute Erfahrungen mit „Poollösungen“ gem. § 112 Abs. 4 SGB IX gemacht haben. Einen überwiegenden Anteil der gewährten Leistungen bei den Bezirken nehmen daneben die Maßnahmen durch die interdisziplinären Frühförderstellen ein. Die stationären Maßnahmen, bei denen in der Kinder- und Jugendhilfe in den letzten Jahren eine Zunahme zu verzeichnen ist, nehmen dagegen bei den Bezirken ab und stellen nur einen geringen Anteil der gewährten Hilfen dar. Über die Leistungen der Bezirke als Träger der Einglie derungshilfe hinausgehend wurden im gemeinsamen Gespräch auch über Kooperationsbedarfe zwischen den Trägern der Eingliederungshilfe und der Kinder- und Jugendhilfe diskutiert, die spätestens seit Inkrafttreten des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes 2021 beste hen. Gemeinsam wurde überlegt, wie die Kooperation im Interesse der jungen Menschen und ihrer Familien zukünftig umgesetzt werden kann. Hauptaugenmerk lag dabei auf § 36b Abs. 2 SGB VIII, § 10b Abs. 3 SGB VIII und § 117 Abs. 6 SGB IX. - - Nach § 36b Abs. 2 SGB VIII hat der Träger der Kinder- und Jugendhilfe – im Regelfall ein Jahr im Voraus – den Träger der Eingliederungshilfe im Rahmen der Übergangsplanung zu beteiligen. Die Jugendämter initiieren auf dieser Grundlage ein Teilhabeplanverfahren unter Beteiligung des jungen Menschen, ggf. dessen recht licher Vertreterinnen und Vertreter und dem Träger der Eingliederungshilfe. In gemeinsamer Abstimmung soll der zukünftige Hilfebedarf eruiert werden, sodass eine kontinuierliche Leistungsgewährung auch nach dem Zuständigkeitsübergang sichergestellt ist. - § 117 Abs. 6 SGB IX stellt, ebenso wie auch der korrespondierende § 10b Abs. 3 SGB VIII, ein Bera tungsangebot der öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe für junge Menschen mit körperlicher, geistiger und Mehrfachbehinderung und deren Familien dar. Die Träger der Eingliederungshilfe sollen danach – mit Zustimmung der Personensorgeberechtigten – das Jugendamt am Gesamtplanverfahren beteiligen. Die Jugendämter nehmen in diesen Konstellationen nicht als Rehabilitationsträger am Gesamtplanverfahren teil, sondern haben ausschließlich eine beratende Funktion. Die Beratung soll – laut Gesetzesbegründung – zum einen der Abgrenzung von erzieherischem und behinde - - B E R I C H T E

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 8 rungsbedingten Bedarfen dienen, aber auch die Beson derheiten der Lebensphase „Kindheit und Jugend“, die Persönlichkeitsentwicklung und das familäre System berücksichtigen. - Insgesamt wurde der erste Austausch für das gegen seitige Kennenlernen der Systeme als gewinnbringend wahrgenommen. Tatsächlich kann dies nur ein Anfang gewesen sein. Im Hinblick auf die Zusammenführung der Leistungen für alle Kinder und Jugendlichen wird es in den nächsten Jahren die Bereitschaft und An strengung aller Beteiligten brauchen, um die inklusive Lösung in den Jugendämtern gemeinsam umzusetzen. Elementar für diesen Umsetzungsprozess dürfte neben der Offenheit und Bereitschaft aller Beteiligten aller dings auch die Klärung entscheidender Fragen durch den Bundesgesetzgeber sein. - - - Neben diesem wichtigen Thema, das uns sehr wahr scheinlich auch die nächsten Jahre beschäftigen wird, konnten im Rahmen des gemeinsamen Austausches viele weitere Themen behandelt werden. Neben aktuel len Fragestellungen, die die Jugendämter beschäftigten, wie der Krieg in der Ukraine und die damit einhergehen den Fragestellungen, v. a. im Hinblick auf Sorgerechts vollmachten und die Notwendigkeit der Prüfung von Pflegeerlaubnissen gem. § 44 SGB VIII, ergeben sich im Vergleich der Themen zu den Vorjahren kaum Verände rungen. Nach wie vor beschäftigen die Jugendämter - - - - - • die beständig hohe personelle Fluktuation im ASD, die Gewinnung und die Einarbeitung neuer Mitarbei tender, - • die fehlenden Plätze, v. a. im Bereich der Inobhut nahme und stationären Maßnahmen, und die daraus resultierenden Schwierigkeiten für die Fachkräfte der Jugendämter, - • die oftmals schwierige Zusammenarbeit mit Koope rationspartnern, wie den Kinder- und Jugendpsychia trien. - - An dieser Stelle noch ein herzliches Dankeschön vom ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt an die diesjährigen Gastgeber, welche die Veranstaltungen ermöglicht und zum wesentlichen Gelingen beigetragen haben. An knüpfend daran auch vielen Dank an die Vertreterinnen und Vertreter der Bezirke und Teilnehmenden, die ihre Konferenzen mit den angeregten Beiträgen und Diskus sionen belebten. In diesem Sinne freuen wir uns auf die Veranstaltungen im kommenden Jahr, auch weil es uns schon gelungen ist, die Standorte für 2023 festzulegen. - - B E R I C H T E MA R I E FINGERHUT

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 9 I N F O Zur Entwicklung der Fallzahlen bei den Erzie herischen Hilfen (einschl. der Hilfen für junge Volljährige) in Bayern - Im Jahr 2021 wurden in Bayern insgesamt 111.277 Hilfen zur Erziehung (einschließlich Hilfen für junge Volljährige) (§§ 27 bis 35, 41 SGB VIII) in Anspruch ge nommen, dies sind 265 Leistungen mehr als im Vorjahr (+0,24 %). Insgesamt 126.985 junge Menschen wurden von diesen Hilfen erreicht (+0,39 %). - 1 Von den 126.985 jungen Menschen, die im Jahr 2021 Hilfen zur Erziehung (§§ 27 bis 35, 41 SGB VIII) erhalten haben, sind 58,0 % männlichen Geschlechts. Der Anteil der jungen Menschen, die bei Hilfebeginn im Jahr 2021 bei einem Elternteil (ohne (Ehe-) Partnerin/ Partner) (mit/ohne weitere/-n Kinder/n) lebte, liegt bei 38,1 %. Der Anteil der jungen Menschen mit Transfer leistungsbezug2 in der Familie bei Hilfebeginn im Jahr 2021 beträgt 19,6 %. Bei 32,4 % der Leistungsempfängerinnen und -empfängern war im Jahr 2021 bei Hilfebeginn mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft, während der Anteil der jungen Menschen aus Familien, in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird, bei 17,6 % liegt. - Lässt man bei der Fallzahlenbetrachtung die Erziehungs beratung nach § 28 SGB VIII außer Acht, liegt der Anteil der Hilfe empfangenden jungen Menschen/Familien, bei denen ein Elternteil bei Hilfebeginn alleine ohne (Ehe-) Partnerin/Partner (mit/ohne weitere Kinder) lebte, als auch die Anteile der Transferleistungen beziehenden Familien und der Hilfe beziehenden Familien mit auslän discher Herkunft mindestens eines Elternteiles deutlich höher: - - FALLZAHLENENTWICKLUNG IN DER KINDER- UND JUGENDHILFE IN BAYERN KURZANALYSE ZU DEN VOM BAYERISCHEN LANDESAMT FÜR STATISTIK VERÖFFENTLICHTEN DATEN DER HZE-STATISTIK 2021 Die Anzahl der gewährten Hilfen zur Erziehung (einschließlich der Hilfen für junge Volljährige) sowie die Anzahl der jungen Menschen, die durch Hilfen zur Erziehung im Jahr 2021 erreicht worden sind, ist im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen. Die prozentuale Verteilung nach Hilfearten zeigt – wie schon im Vorjahr – eine Zunahme bei den ambulanten Hilfen und rückläufige Fremdunterbringungen. Bei den Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII ist seit zehn Jahren ein kontinuierlicher Anstieg der Fallzahlen zu verzeichnen. Auch im Jahr 2021 waren männliche Leis tungsempfänger in der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII deutlich überrepräsentiert. - 1 Hier ist zu berücksichtigen, dass sich die Anzahl der Hilfen unterscheidet von der Anzahl der jungen Menschen, die Hilfen erhalten haben. Dies ist darin begründet, dass familienorientierte Hilfen als eine Hilfe gerechnet werden, allerdings ggf. mehrere junge Menschen in einem Haushalt von der Hilfe erreicht werden. 2 Die Herkunftsfamilie bzw. die/der junge Volljährige lebt teilweise oder ganz von Arbeitslosengeld II (SGB II), bedarfsorientierter Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Sozialhilfe (SGB XII) oder bezieht einen Kinderzuschlag. Hilfen zur Erziehung auf einen Blick (incl. Erziehungsberatung) in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen (Hilfen zur Erziehung + Hilfen für junge Volljährige, 2021) Jahresfallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 111.277 Anzahl junger Menschen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 126.985 davon männlich* 58,0 % davon weiblich* 46,0 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2021: Elternteil lebt alleine ohne ( Ehe- )Partner (mit / ohne weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 38,1 % Anteil der Transferleistung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 19,6 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 32,4 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 17,6 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Bild: Hilfen zur Erziehung auf einen Blick (incl. Erziehungsberatung) in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen (Hilfen zur Erziehung + Hilfen für junge Volljährige, 2021) Jahresfallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 111.277 Anzahl junger Menschen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 126.985 davon männlich* 58,0 % davon weiblich* 46,0 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2021: Elternteil lebt alleine ohne ( Ehe- )Partner (mit / ohne weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 38,1 % Anteil der Transferleistung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 19,6 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 32,4 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 17,6 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2021 Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt.

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 10 Lässt man die Erziehungsberatung außer Betracht, so ist im Vergleich zum Vorjahr das Fallzahlenvolumen für die Hilfen zur Erziehung (einschließlich der Hilfen für junge Volljährige) erneut leicht rückläufig: 2021 wurden 0,4 % weniger Hilfen gewährt als im Jahr 2020. Im Zeitraum von 2012 bis 2021 ist das Fallzahlenvolumen insgesamt um 7,4 % gestiegen. Ein Blick auf die prozentuale Verteilung der Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfen für junge Volljährige (ohne Erziehungsberatung) nach Hilfearten im Jahr 2021 in Bayern zeigt, dass 57,9 % aller Hilfen auf die Erziehungsbeistandschaft und die Sozialpädagogische Fami lienhilfe und damit auf ambulante Hilfen zur Erziehung entfallen. Erneut ist der prozentuale Anteil der stationären Hilfen zur Erziehung an allen Hilfen rückläufig: 28,6 % aller im Jahr 2021 gewährten Hilfen entfallen auf die Heimer ziehung und die Vollzeitpflege. - - Im Zeitverlauf fällt auf, dass – nachdem in den Jahren 2015 und 2016 durch den hohen Unterstützungsbedarf von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen der An teil der Hilfen nach § 34 SGB VIII deutlich gestiegen war – der Anteil der ambulanten Hilfen zur Erziehung seit 2017 deutlich angestiegen und umgekehrt der Anteil der stationären Hilfen an allen Hilfen rückläufig ist: - I N F O Hilfen zur Erziehung auf einen Blick (ohne Erziehungsberatung) in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen (Hilfen zur Erziehung + Hilfen für junge Volljährige, 2021) Jahresfallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 50.402 Anzahl junger Menschen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 66.110 davon männlich* 55,6 % davon weiblich* 44,4 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2021: Elternteil lebt alleine ohne (Ehe-)Partner (mit / ohne weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 43,6 % Anteil der Transferleistung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 37,4 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 44,8 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 28,0 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2021; Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt. Hilfen zur Erziehung auf einen Blick (ohne Erziehungsberatung) in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen (Hilfen zur Erziehung + Hilfen für junge Volljährige, 2021) Jahresfallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 50.402 Anzahl junger Menschen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 66.110 davon männlich* 55,6 % davon weiblich* 44,4 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2021: Elternteil lebt alleine ohne (Ehe-)Partner (mit / ohne weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 43,6 % Anteil der Transferleistung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 37,4 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 44,8 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 28,0 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. 46938 47718 49235 55348 56135 56279 57273 53252 50597 50402 0 15000 30000 45000 60000 JAHR 2012 JAHR 2013 JAHR 2014 JAHR 2015 JAHR 2016 JAHR 2017 JAHR 2018 JAHR 2019 JAHR 2020 JAHR 2021 Hilfen zur Erziehung + Hilfen für junge Volljährige in Bayern - ohne Erziehungsberatung (2012 bis 2021) Aufsummierung der zum 31.12.eines Jahres andauernden und der innerhalb desselben Jahres beendeten Hilfen Bild: 6,6% 6,5% 6,6% 5,8% 5,5% 6,0% 6,7% 6,6% 7,6% 7,3% 15,1% 15,3% 15,0% 13,6% 14,0% 15,7% 16,1% 15,6% 14,1% 13,9% 36,7% 37,7% 36,3% 33,7% 33,4% 33,8% 35,8% 38,6% 41,9% 44,0% 6,7% 6,2% 5,7% 4,8% 4,8% 4,6% 4,6% 4,5% 4,2% 4,1% 16,2% 16,0% 16,5% 15,7% 15,6% 15,1% 14,9% 14,9% 14,5% 13,9% 16,0% 15,8% 17,4% 24,1% 24,4% 22,2% 19,3% 17,1% 15,7% 14,7% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Verteilung der Hilfen zur Erziehung einschl. Hilfen für junge Volljährige (ohne Erziehungsberatung) in Bayern (2012 bis 2021) Aufsummierung der zum 31.12. eines Jahres andauernden und innerhalb desselben Jahres beendeten Hilfen HZE § 27 (o. V. zu §§ 28-35 SGB VIII) Soz. Gruppenarbeit § 29 SGB VIII EB § 30 SGB VIII SPFH § 31 Erz. Tagesgruppe § 32 SGB VIII Vollzeitpflege § 33 SGB VIII Heimerziehung § 34 SGB VIII ISE § 35 SGB VIII Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2021; Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt. Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2021; Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt.

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 11 I N F O Zur Entwicklung der Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII in Bayern Im Jahr 2021 wurden in Bayern insgesamt 20.921 Eingliederungshilfen für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung nach § 35a SGB VIII gewährt, dies sind 847 Leistungen mehr als im Vorjahr bzw. ein Anstieg um 4,2 %. Von den 20.921 jungen Menschen aus Bayern, die im Jahr 2021 Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII erhalten haben, sind lediglich 31,9 % weiblich. Der Anteil der Leistungsempfängerinnen und -empfän ger nach § 35a SGB VIII, die bei Hilfebeginn im Jahr 2021 bei einem Elternteil ohne (Ehe)Partnerin/Partner (mit/ohne weitere Kinder) lebten, liegt bei 30,6 %. Der Anteil der Transferleistungen3 beziehenden Familien bei Hilfebeginn betrug 21,9 %. Bei 30,3 % der Leis tungsempfängerinnen und -empfänger war bei Hilfebe ginn mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft, während der Anteil der jungen Menschen aus Familien, in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird, bei 14,9 % liegt. - - - Betrachtet man die Anzahl der Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung in Bayern im Verlauf der letzten zehn Jahre (Jahr 2012 bis Jahr 2021), so ist insgesamt ein Anstieg um 61,3 % feststellbar. Auffällig ist hier außerdem, dass durchgängig männliche Hilfeempfänger deutlich überrepräsentiert sind: 3 Die Herkunftsfamilie bzw. die/der junge Volljährige lebt teilweise oder ganz von Arbeitslosengeld II (SGB II), bedarfsorientierter Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Sozialhilfe (SGB XII) oder bezieht einen Kinderzuschlag. Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen 2021 Fallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 20.921 davon männlich* 68,1 % davon weiblich* 31,9 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2021: Elternteil lebt alleine ohne (Ehe-)Partner (mit / ohne weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 30,6 % Anteil der Transferleistung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 21,9 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 30,3 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 14,9 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen 2021 Fallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 20.921 davon männlich* 68,1 % davon weiblich* 31,9 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2021: Elternteil lebt alleine ohne (Ehe-)Partner (mit / ohne weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 30,6 % Anteil der Transferleistung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 21,9 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 30,3 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 14,9 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2021; Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt. 4093 4442 4538 4843 5235 5439 5999 6105 6283 6669 8877 9697 10125 10698 11360 11717 13042 13375 13791 14252 0 3000 6000 9000 12000 15000 18000 21000 JAHR 2012 JAHR 2013 JAHR 2014 JAHR 2015 JAHR 2016 JAHR 2017 JAHR 2018 JAHR 2019 JAHR 2020 JAHR 2021 Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII in Bayern (2012 bis 2021); Aufsummierung der zum 31.12.eines Jahres andauernden und der innerhalb dieses Jahres beendeten Hilfen weiblich* männlich* *Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Bild Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2021; Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt. SABINE NIEDERMEIER

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 12 I N F O ELTERNBRIEFE IN LEICHTER SPRACHE 2012 wurden die Elternbriefe vom Bayerischen Landesjugendamt veröffentlicht. In einem neuen Projekt werden nun einige der Elternbriefe in Leichter Sprache umgesetzt. Folgende Gründe sprechen dafür: EIN EINBLICK IN DIE ENTWICKLUNG DER ELTERNBRIEFE IN LEICHTER SPRACHE Leichte Sprache ist leicht zu verstehen. Leichte Sprache kann man schreiben. Leichte Sprache kann man sprechen. Viele Menschen mit Lern-Schwierigkeiten finden Leichte Sprache gut. Leichte Sprache kann auch anderen Menschen helfen. Zum Beispiel: Manche Menschen haben als Kind eine andere Sprache gelernt. Jetzt lernen diese Menschen auch Deutsch. Leichte Sprache kann diesen Menschen am Anfang beim Lernen helfen. Manche Menschen haben die Krankheit Demenz. Diese Menschen verstehen durch ihre Krankheit manche Dinge nicht mehr so gut. Menschen mit Demenz können Leichte Sprache oft noch lange verstehen. Für Leichte Sprache gibt es feste Regeln. Menschen mit Lern-Schwierigkeiten und Menschen ohne Lern-Schwierigkeiten haben die Regeln gemeinsam aufgeschrieben. Hier sind einige Regeln: - Benutzen Sie einfache Wörter. - Schreiben Sie kurze Sätze. - Schreiben Sie keine Abkürzungen. - Lassen Sie genug Abstand zwischen den Zeilen. - Machen Sie viele Absätze und Überschriften. - Benutzen Sie Bilder. 1 Abbildung: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e.V., Illustrator Stefan Albers (Quelle: Netzwerk Leichte Sprache https://bit.ly/3tc1LOs) 1

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 13 Ausgangssituation Die 48 Elternbriefe (abrufbar unter www.baer.bayern.de/elternbriefe) wurden von 2009 bis 2013 im Rahmen eines vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) geförder ten Projekts vom ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt entwickelt. - Im Juli 2012 wurden die Elternbriefe veröffentlicht. Die Zielgruppe sind in Bayern lebende Familien. Es ist ein kompakter Elternratgeber entstanden, der Infor mationen und Tipps zu Fragen rund um die Erziehung und Familie umfassend und verständlich zur Verfügung stellt. Eltern werden bei der Erziehung und im Familien alltag unterstützt. Die Elternbriefe sind mittlerweile fest in Bayern integriert. - - Der Fokus lag zuerst auf der Druckversion der Eltern briefe. Seit 2012 gibt es die Elternbriefe bereits online im PDF-Format. - Seit 2022 werden die Elternbriefe in Rahmen eines geförderten Projektes nun inhaltlich aktualisiert, überar beitet und digitalisiert. - Seit 2021 gibt es zusätzlich die Medienbriefe, welche Tipps speziell für den Bereich Medienerziehung geben. Das Ziel der Eltern- und Medienbriefe ist es, die kom munalen Familienbildungsmaßnahmen im Rahmen des § 16 SGB VIII durch hochwertige gut aufbereitete Erziehungstipps für die Altersspanne der Kinder von 0 bis 18 Jahren zu ergänzen. Die Medienbriefe stehen unter www.baer.bayern.de/medienbriefe als PDF zur Verfügung. - Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es die Elternbriefe und Me dienbriefe noch nicht in Leichter Sprache. - Die Elternbriefe in Leichter Sprache sollen Informatio nen zu Erziehungsthemen für eine spezielle Zielgruppe bieten. Von den bestehenden 48 Elternbriefen werden zunächst 6 Elternbriefe in Leichter Sprache für die Al tersgruppe von 0 bis 3 Jahre entwickelt. Die Regeln der Leichten Sprache sorgen für den zielgruppenadäquaten Aufbau und Struktur. Die Elternbriefe in Leichter Sprache gibt es dann als Druckversion und barrierefreie Online- Version zum Herunterladen auf www.baer.bayern.de. - - Die Zielgruppe Mitte des Jahres 2022 startete das Projekt der Eltern briefe in Leichter Sprache. Es wurden zunächst viele Quellen und Informationen gesammelt, die es den Mit arbeiterinnen ermöglichen sollten, einen Überblick über das Thema Leichte Sprache zu bekommen. Nicht viele Veröffentlichungen werden auch in Leichter Sprache umgesetzt, noch weniger zum Thema Erziehung. Deshalb war es vor allem wichtig, sich mit der Zielgrup pe zu beschäftigen. Durch verschiedenen Methoden, wie zum Beispiel der Value-Proposition-Canvas-Metho de, wurden die Zielgruppen immer weiter eingegrenzt. Als mögliche Zielgruppen wurden zunächst identifiziert: - - - - Eltern mit … • Lernschwierigkeiten, • kognitiver Beeinträchtigung oder geistiger Behinde rung, - • • • • • • • In einem Workshop mit Fachkräften aus verschiedenen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe, wurden die Zielgruppen erneut in den Fokus genommen. Ergebnis: Die Heterogenität der Zielgruppen würde es schwer machen, für alle adäquate Informationen in den Eltern briefen zu bieten. Vor allem eine Zielgruppe ist jedoch besonders auf die Leichte Sprache angewiesen: Men schen mit Lernschwierigkeiten, geistiger Behinderung und/oder psychischen Erkrankungen. - - Für diese Gruppe können die Elternbriefe in Leichter Sprache eine wichtige Ergänzung zu schon bestehenden Hilfesystemen sein und die Selbständigkeit der Eltern fördern. Es ist immer noch ein Tabu-Thema, dass Eltern mit ko gnitiven Einschränkungen eine Familie gründen. Jedoch haben auch sie ein Recht auf Familie, wie im Artikel 23 der UN-Behindertenrechtskonvention festgehalten ist (abzurufen unter https://bit.ly/3hdMn1r). Hier kann die sogenannte Begleitete Elternschaft eine gute Möglich keit sein, ein kindgerechtes Aufwachsen des Nach wuchses zu garantieren. - - - I N F O

MITTEILUNGSBLATT 04-2022 14 I N F O Die Elternbriefe in Leichter Sprache können dabei sowohl die Betroffenen selbst als auch die Fachkräfte unterstützen. Sie orientieren sich an der Sozialpädagogi schen Diagnosetabelle des BLJA und können damit eine fundierte Orientierung für Familienalltags- und Erzie hungsfragen bieten. - - Der Prozess geht weiter Es wird jedoch noch einige Zeit dauern, bis die Eltern briefe in Leichter Sprache der Zielgruppe zur Verfügung stehen. Das Projekt beim BLJA steht noch am Anfang, denn es endet erst 2024. Vor allem die Themenent wicklung anhand der Sozialpädagogischen Diagnoseta - - - belle gestaltet sich als sehr aufwendig. Erst wenn die Themen fest stehen, können neue Texte in Leichter Sprache geschrieben werden. Diesen Prozess gilt es für alle 6 Elternbriefe in Leichter Sprache, die entstehen sollen, durchzuführen. Der Anspruch hierbei ist es immer wieder, Fachkräfte und vor allem auch die Zielgruppe einzubinden, um zu überprüfen, ob das neue Produkt den Bedürfnissen dieser entspricht. Ein spannender Prozess mit noch spannenderem Ergebnis! ANN I NA BÖ R GMANN Begleitete Elternschaft3 Eltern mit Lern-Schwierigkeiten haben auch Kinder. Oder sie haben einen Kinder-Wunsch. Sie können Unterstützung bei der Erziehung bekommen. Diese Unterstützung heißt: Be·glei·te·te Eltern·schaft. Im Gesetz heißt das neu: Qua·li·fi·zier·te Assistenz. Qualifizierte Assistenz ist auch eine Assistenz-Leistung. Das gehört auch zum Bundes-Teilhabe-Gesetz. Das gehört auch zu Sozial-Gesetz-Buch 9 § 78. Menschen mit Lern-Schwierigkeiten können einen Antrag stellen. Die Kinder-Jugend-Hilfe Das Jugend-Amt ist für diese Assistenz-Leistung da. Mehr dazu steht im Sozial-Gesetz-Buch 8. Kurz: SGB 8. Im SGB 8 steht: Es gibt Hilfen zur Erziehung. Das steht dort ab § 27. Sie können einen Antrag stellen. Das Jugend-Amt schaut: - Braucht der Mensch mit Behinderung eine Erziehungs-Beratung? - Braucht der Mensch Familien-Hilfe? Die Qualifizierte Assistenz gehört auch zu den Hilfen. Das andere Wort dafür ist: Begleitete Elternschaft 2 Abbildung © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e.V., Illustrator Stefan Albers. 3 Quelle: Eltern-Assistenz Ratgeber, Bundes-Verband behinderter und chronisch kranker Eltern - bbe e. V, S. 46, abrufbar unter https://bit.ly/3UcuK0t, zuletzt abgerufen am 29.11.2022. 2

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