Mitteilungsblatt_04_21

Zentrum Bayern Familie und Soziales Bayerisches Landesjugendamt MIT TEILUNGS BLATT 2 0 2 1 04 THEMA 02 Ombudschaftswesen in Bayern BERICHTE 03 Jubiläumssitzung des Landesjugendhilfeausschusses 04 Regionalkonferenzen für ASD-Leitungen 2021 Info 07 Ankündigung: Bayerische Jugendschutzfachtagung 2021 08 Ein halbes Jahr BAER, der Bayerische Erziehungsratgeber 10 Fallzahlenentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe in Bayern 13 Erhebung von Gebühren bei Ingewahrsam- nahmen Minderjähriger 15 Veröffentlichung: Auswirkungen des „Gesetzes zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren“ 17 Veröffentlichung: Fachliche Empfehlungen zur Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz gemäß § 52 SGB VIII 19 Personalia 19 Zu guter Letzt

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 2 O M B U D S C H A F T S W E S E N I N B A Y E R N „Der Beirat erfüllt mehrere Funktionen“, so Dr. Christian Lüders, Vorsitzender des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses und Vorsitzender des Beirats in der ersten Sitzung. Er biete nach seiner Ansicht ein Forum für notwendige Fachdiskussionen zur Weiterentwicklung des bayerischen Ombudschaftswesens und er sei Beratungsinstanz für die an den Modellstandorten tätigen Fachkräfte. Zugleich erfüllten die im Beirat vertretenen Mitglieder und Verbände als Multiplikatoren die wichtige Aufgabe der Bekanntmachung und Verbreitung der Projektidee. Übereinkommend verstehen sich die Beiratsmitglieder auch als Korrektiv im laufenden Entwicklungsprozess einer landesweiten Strategie zur Einführung von Ombudsstellen gemäß § 9a SGB VIII. Der Beirat des bayerischen Ombudschaftswesens besteht aus Vertretungen von Trägern der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe, und wird komplettiert durch Vertretungen der Behinderten- und Eingliederungshilfe. Die Verwaltung des ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt übernimmt die geschäftsführende Begleitung. Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, Referat V 2 – Jugendhilfe, wird dem Beirat als ständiger Gast angehören, genauso wie die Modellstandorte und das Institut für Sozialpädagogische Forschung (ISM) in Mainz (wissenschaftliche Begleitung). Die breite Aufstellung des Beirats ergibt insbesondere vor dem Hintergrund aktueller Befassungen rund um das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) Sinn, welches in seiner Umsetzung auch die Ombudsstellen bzw. das Ombudschaftswesen unmittelbar betrifft. Anknüpfungspunkte und Umsetzungsfragen ergeben sich in diesem Zusammenhang bspw. aus der inklusiven Ausrichtung des Vermittlungs- und Beratungsauftrags in Verbindung mit der notwendigen Ausgestaltung zur Ausführung von Sozialleistungen gemäß § 17 Abs. 1 bis 2a SGB I (vgl. § 9a S. 3 SGB VIII) oder der Abgrenzung zu anderen Beratungs- und Informationsleistungen (vgl. §§ 10a und 10b SGB VIII) und selbstorganisierten Zusammenschlüssen zur Selbstvertretung gemäß § 4a SGB VIII. Weitere Themenfelder und damit zu diskutierende Beiratsbefassungen ergeben sich neben der Beschreibung von Gelingensfaktoren für eine landesrechtliche Umsetzung des § 9a SGB VIII und des grundständigen Einbezugs der Eingliederungshilfe u. a. aus der Überarbeitung des Beschlusstextes des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses zum Ombudschaftswesen aus dem Jahr 2018. Dieser ist an die seit 10. Juni 2021 geltende Rechtslage des SGB VIII anzupassen und erfordert zugleich Nachjustierungen in der Aufgabenstellung für die Modellstandorte, bspw. im Kontext der erweiterten Aufgabenwahrnehmung nach § 2 SGB VIII im Vergleich zu den im Beschlusstext formulierten Einschränkungen. Daneben wird sich der Beirat mit den Themen der Rückkoppelung gewonnener Erkenntnisse der Ombudsstellen bzw. des Ombudschaftswesen an die Jugendämter im Sinne eines universellen Beschwerde- und Qualitätsmanagements befassen, der unbefriedigenden Situation von „gekündigten Kindern“, die aufgrund fehlender Sachgrundlage nicht mehr im Jugendhilfesystem angedockt werden können, wie auch der Sicherstellung einer kontinuierlichen Beteiligung junger Menschen im Projekt. Ein über erste praktische Erfahrungen der Projektstandorte eingebrachter Aspekt betraf außerdem die Ebene der Fachkräfte: Diese seien zum einen noch wenig mit dem Thema der Ombudsstelle bzw. des Ombudschaftswesens vertraut, zum anderen hätten sich diese selbst auch bezogen auf die eigene Fallarbeit hilfesuchend an die Projektstandorte gewandt – eine Dimension, die so zumindest bislang konzeptionell nicht angelegt ist. Perspektivisch tragen alle Säulen des bayerischen Ombudschaftswesens dazu bei, dass sich landesweite Strukturen bilden können, die – ganz im Sinne des KJSG – ein höheres Maß an Beteiligung junger Menschen, von Eltern und Familien ermöglichen und die Chance eröffnen, ihre individuellen Rechte stärker einzubringen, einschließlich der Möglichkeit einer Konfliktklärung und der Beschwerde. Diese Entwicklung gilt es seitens der Kinder- und Jugendhilfe aktiv zu begleiten und zu unterstützen. Als dritte Säule des bayerischen Ombudschaftswesens konstituierte sich – neben dem eigentlichen Modellprojekt und der wissenschaftlichen Begleitung – am 14. Oktober 2021 der vom Landesjugendhilfeausschuss berufene Beirat. DER BEIRAT KONSTITUIERT SICH T H E M A

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 3 L A N D E S J U G E N D H I L F E A U S S C H U S S In seiner Ansprache hob Dr. Christian Lüders weiter hervor: „Es bedarf der vollen Kraftanstrengung aller Akteure der Jugendhilfe und Verantwortlichen auf allen Ebenen in Bayern, um eine Kinder- und Jugendhilfelandschaft zu erhalten und – wo notwendig – weiterzuentwickeln, die Kinder, Jugendliche und Familien in ihrer Lebenswelt abholt, stärkt und unterstützt. Der LJHA wird auch zukünftig als fachlicher Motivator und Ratgeber wirken, damit dieses in Bayern gelingt.“ Weitere Befassungen im Rahmen der Sitzung betrafen unter anderem Fragen der Umsetzung der SGB VIII- Reform sowie des Rechtsanspruchs auf schulische Ganztagsbetreuung in Bayern. Damit setzt der LJHA seine anwaltschaftliche Tradition fort. Neben der fachlichen Auseinandersetzung hatten die Teilnehmenden der Veranstaltung in der Katholischen Akademie in Bayern auch die Gelegenheit des informellen, persönlichen Austausches. Anlässlich des Jubiläums konnten auch die ehemaligen Vorsitzenden des LJHA und weitere Vertretungen der bayerischen Jugendhilfelandschaft begrüßt werden. 150 Sitzungen repräsentieren thematisch die ganze Breite der Herausforderungen, vor denen Kinder- und Jugendhilfe stand und steht. Dazu der Leiter des Bayerischen Landesjugendamts, Hans Reinfelder: „Das ZBFS- Bayerisches Landesjugendamt im Verbund mit dem LJHA wird sich auch künftig mit großem Engagement dieser Herausforderung stellen.“ Das einstimmig beschlossene Papier „Impulse für eine offensive Kinder- und Jugend(hilfe)politik in Bayern“ sowie den „Ersten Zwischenruf des LJHA – Dimensionen und Leitgedanken zum gelingenden Ganztag für Grundschüler in Bayern“ sowie weitergehende Informationen zum LJHA finden Sie unter: https://bit.ly/3rlDiqz. Der Beirat des bayerischen Ombudschaftswesens wird sich während der Projektlaufzeit (01. Januar 2021 bis 31. Dezember 2022) turnusmäßig zwei bis drei Mal im Kalenderjahr treffen. Der nächste Termin findet am 24. März 2022 statt. Interessierte sind herzlich eingeladen, dem Beirat Ideen und Erfahrungswerte mit dem bayerischen Ombudschaftswesen weiterzugeben. Mögliche Ansprechpartner im Bayerischen Landesjugendamt sind Dr. Harald Britze (E-Mail: harald.britze@zbfs.bayern.de) und Florian Kaiser (E-Mail: florian.kaiser@zbfs.bayern.de). Weitere Informationen rund um das Ombudschaftswesen in Bayern erhalten Sie beim Bayerischen Landesjugendamt unter: https://bit.ly/3cZUOYU Der Landesjugendhilfeausschuss (LJHA) ist neben der Verwaltung des Landesjugendamts die zweite Säule der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe auf Landesebene. Am 03. November 2021 sind dessen Mitglieder zur 150. Sitzung zusammengetroffen. Anlässlich dieses Jubiläums begrüßte der Vorsitzende des LJHA, Dr. Christian Lüders, die bayerische Familienministerin Carolina Trautner als Ehrengast zur Jubiläumssitzung. JUBILÄUMSSITZUNG DES LANDESJUGEND- HILFEAUSSCHUSSES B E R I C H T E F L O R I A N K A I S E R L A N D E S - J U G E N D - H I L F E A U S - S C H U S S

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 4 H I L F E N Z U R E R Z I E H U N G Insgesamt durften wir gemeinsam mit den jeweiligen Gastgebern in den Landratsämtern Amberg-Sulzbach, Donau-Ries, Freising, Kulmbach, Landshut und Miltenberg 103 leitende Fachkräfte aus 73 teilnehmenden Jugendämtern begrüßen. Die jeweils zuständigen Jugendamtsleitungen oder deren Vertreterinnen und Vertreter der Veranstaltungsorte ließen es sich nicht nehmen, ebenfalls ihre Wertschätzung zu zeigen und hießen ihre Gäste persönlich willkommen. Die konzeptionelle Idee, erst über die Neuigkeiten aus dem ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt zu berichten, sich dann dem fachlichen Austausch untereinander zu widmen und anschließend Schwerpunktthemen zu bearbeiten, hat sich bewährt, so dass sich der Tag aus einer Mischung aus Input und anregenden Diskussionen zusammensetze. Bisher war es üblich, das Schwerpunktthema an der Gesamtbayerischen Jugendamtsleitungstagung (JALT) orientiert auszurichten. Da die JALT 2021 pandemiebedingt in den Herbst verschoben werden musste, wurden als Schwerpunktthemen zum einen die „Koordinierung Radikalisierungsprävention“ und zum anderen die Änderungen/Neuerungen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetztes gewählt. Dr. Kathrin Winkler vom Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales stellte den ASD-Leitungskräften im Rahmen der Regionalkonferenzen das Projekt „Koordinierung Radikalisierungsprävention“ vor. In diesem Kontext präsentierte sie einen Fragebogen, auf Grundlage dessen eine Onlineplattform zur Information und Beratung zum Thema „Radikalisierung“ erstellt werden soll. Frau Dr. Winkler warb um aktive Teilnahme an der Umfrage, um damit ein – auf die spezifischen Bedarfe der Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe ausgerichtetes – Informations- und Beratungsangebot entwickeln zu können. Ein weiteres Schwerpunktthema bildete das am 10. Juni 2020 in Kraft getretene Kinder- und Jugendstärkungsgesetz und die damit einhergehenden rechtlichen Änderungen. Der Einstieg in das Thema erfolgte zum einen über die im § 1 Abs. 3 Nr. 2 SGB VIII gesetzte Präambel, dass die Kinder- und Jugendhilfe „jungen Menschen ermöglichen oder erleichtern [soll], entsprechend ihrem Alter und ihrer individuellen Fähigkeiten in allen sie betreffenden Lebensbereichen selbstbestimmt interagieren und damit gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft teilhaben zu können“ und damit die Grundrichtung für die zukünftige inklusiven Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe legt. Zum anderen wurden die im SGB VIII neu (aus)formulierten bzw. konkretisierten Beratungsangebote der Kinder- und Jugendhilfe, u. a. in den §§ 10a, 10b, 16, 36, 37, 37a SGB VIII, in ihren verschiedenen Kontexten in den Blick genommen. Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang auch die Formulierung „… in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form“, die u. a. im § 10a SGB VIII, aber auch an verschiedenen anderen Stellen im SGB VIII zu finden ist. Es sollte bereits vor der SGB VIII-Reform selbstverständlich gewesen sein, dass Beratung durch die Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe adressatenorientiert erfolgt. Der Gesetzgeber trägt mit dieser Formulierung aber auch Art. 21 VN-Behindertenrechtskonvention Rechnung und erfasst damit laut Gesetzesbegründung auch explizit „Leichte Sprache“ (vgl. BT-Drucksache 19-26107, S. 49). Neben der inklusiven Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe soll mit dieser Formulierung aber auch gewährleistet werden, dass die Beratung der jungen Menschen und deren Familien in einer Form erfolgt, die sie befähigt, im eigenen Interesse Entscheidungen zu treffen und sich an der Leistungsgewährung zu beteiligen. Mit Hinzunahme der Personengruppe von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung bzw. davon bedrohten Nachdem die fest etablierten Regionalkonferenzen für die ASD-Leitungen in Bayern im letzten Jahr mit einer Ausnahme leider ausfallen mussten, fand diese im Juli 2021 zum 10. Mal statt. REGIONALKONFERENZEN FÜR ASD-LEITUNGEN 2021 B E R I C H T E

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 5 Kindern und Jugendlichen und deren Familien stehen die Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe vor einer großen Herausforderung: Zum einen, was die spezifischen Bedürfnisse dieser Zielgruppe betrifft, aber auch im Hinblick auf die Kommunikation mit dieser Personengruppe. Eine der Aufgaben für die Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe in den nächsten sieben Jahren wird es sein, Kompetenzen und Wissen über die komplexen Bedarfe von jungen Menschen mit Behinderung und deren Familien zu erlangen und erste Erfahrungen, beispielsweise über die Einführung des Verfahrenslotsen gem. § 10b SGB VIII, zu sammeln. Im Anschluss wurden dann im Überblick weitere Änderungen bzw. Neuerungen durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz thematisiert. Erwähnt werden sollen dabei an dieser Stelle, u. a., dass • mitteilende Berufsgeheimnisträger gem. § 4 KKG – soweit es fachlich erforderlich ist – von den Fachkräften der Jugendämter an der Gefährdungseinschätzung zu beteiligen sind (vgl. § 8a Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII). Weiterhin wurde gesetzlich geregelt, dass insoweit erfahrene Fachkräfte gem. § 8a Abs. 4 SGB VIII Kenntnisse über die spezifischen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung haben müssen. Gem. § 8a Abs. 5 SGB VIII müssen zudem auch mit Kindertagespflegepersonen Vereinbarungen dahingehend getroffen werden, wie bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen gehandelt werden soll. • die Fachkräfte der Jugendämter den mitteilenden Personen gem. § 4 Abs. 4 KKG eine Rückmeldung geben, ob sich die gewichtigen Anhaltspunkte bestätigen, ob das Jugendamt zum Schutz des Kindes tätig geworden ist und ob es noch tätig ist. • § 19 SGB VIII die gemeinsame Unterbringung von Kindern mit beiden Elternteilen bzw. anderweitigen Personen, die für das Kind bzw. die Kinder sorgen, ermöglicht, soweit dies geeignet und notwendig ist. • Eltern gem. § 20 SGB VIII Unterstützung zur Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen auch niedrigschwellig in Anspruch nehmen können, wenn mit Beratungsstellen Vereinbarungen gem. § 36a SGB VIII getroffen wurden. • § 36b SGB VIII die Zusammenarbeit mit anderen Sozialleistungsträgern (Abs. 1) bzw. Trägern der Eingliederungshilfe (Abs. 2) beim Zuständigkeitsübergang von der Kinder- und Jugendhilfe auf einen der vorgenannten Träger regelt. Insgesamt lässt sich feststellen, dass im SGB VIII an vielen Stellen den Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe kleinschrittig Handlungsabläufe vorgegeben werden, die teils schon vorher gute Praxis waren und zukünftig sein werden. Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe wird es sein, die unterschiedlichen neuen Anforderungen und Aufgaben zielgerichtet in die Praxis zu transferieren und die Intention des Gesetzgebers, Kinder, Jugendliche und deren Eltern bzw. Erziehungsberechtigte zu befähigen, die ihnen zustehenden Rechte zu beanspruchen und den Schutzauftrag und die Garantenstellung der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe zu stärken, mit Leben zu füllen. Größeren Raum nahmen in diesem Jahr zudem die Mitteilung nach Art. 35 MiStra (Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen) ein. Bereits im Vorfeld erreichten das ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt verschiedene Anfragen, wie mit Mitteilungen gem. Art. 35 MiStra umgegangen werden soll. Unklarheiten bestanden v. a. in den Fällen, in denen aus der Mitteilung nicht hervorging, ob die in der Mitteilung genannte Person (regelmäßigen) Kontakt zu Kindern und/oder Jugendlichen hat bzw. sogar mit diesen zusammenlebt. So ist es im Sinne des Schutzes von Kindern und Jugendlichen zwingend erforderlich, dass – sollten die Information der Staatsanwaltschaft o. ä. keine entsprechenden Daten enthalten – Kontakt mit der betroffenen Person aufgenommen wird, um im Gespräch zu klären, ob es (regelmäßige) Kontakte mit Kindern bzw. Jugendlichen gibt oder in einem Haushalt mit Kindern bzw. Jugendlichen gelebt wird. Das alleinige Abfragen von einwohnermelderechtlichen Daten erscheint diesbezüglich wenig aussagekräftig und nicht ausreichend, um den Kinderschutz gewährleisten zu können. Im Sinne des Amtsermittlungsgrundsatzes gem. § 20 SGB X ist im persönlichen Gespräch mit der betroffenen Person zu klären, ob es regelmäßige Kontakte mit jungen Menschen gibt. Sollte sich in diesem Zusammenhang herausstellen, dass es regelmäßige Kontakte zu Minderjährigen gibt oder diese zusammen in einem Haushalt leben, ist für jedes einzelne Kind bzw. jede/n Jugendliche/n im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gem. § 8a SGB VIII zu klären, ob gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung vorliegen, die Situation mit den Erziehungsberechtigten zu erörtern und im Bedarfsfall Vereinbarungen zur Abwendung der Gefährdung zu treffen. In diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben sollte der neuformulierte § 5 KKG. Mitteilungen nach Art. 35 MiStra erfolgen bei Kenntnis über Tatsachen, die eine erhebliche Gefährdung für Kinder und Jugendliche darstellen. Im Gegensatz dazu sind B E R I C H T E

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 6 Strafverfolgungsbehörden und Gerichte gem. § 5 KKG zur Übermittlung von gewichtigen Anhaltspunkten befugt. Diese Mitteilungen erfolgen allerdings spezifisch auf ein Kind bezogen, so dass auf Seiten der Jugendämter im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gem. § 8a SGB VIII die gewichtigen Anhaltspunkte überprüft werden können. Viele weitere Fachthemen konnten im Rahmen des gemeinsamen Austausches behandelt werden. Vergleicht man die Themen mit den vorangegangen Jahren, so ist festzustellen, dass sich hier keine großen Veränderungen ergeben haben. Nach wie vor beschäftigen die Jugendämter • die Eingliederungshilfe, hier v. a. die steigenden Zahlen der Schulbegleitungen und die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, • die Einführung von Fachsoftware und der E-Akte, • die Einführung der Rufbereitschaft bzw. Erfahrungsaustausch über bestehende Rufbereitschaften, • die oftmals schwierige Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern, wie den Kinder- und Jugendpsychiatrien oder auch den Bezirken als Rehabilitationsträgern und • die nach wie vor beständige personelle Fluktuation im ASD, die Gewinnung und die Einarbeitung neuer Mitarbeitenden. An dieser Stelle noch ein herzliches Dankeschön vom ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt an die diesjährigen Gastgebenden, welche auch unter den erschwerten Bedingungen die Veranstaltungen ermöglicht und zum wesentlichen Gelingen beigetragen haben. Anknüpfend daran auch vielen Dank an die Teilnehmenden, welche die Konferenzen mit den angeregten Diskussionen belebten. In diesem Sinne, und weil es uns schon gelungen ist, die Standorte für 2022 festzulegen, freuen wir uns auf die Veranstaltungen im kommenden Jahr. B E R I C H T E M A R I E F I N G E R H U T

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 7 I N F O Das novellierte Jugendschutzgesetz ist am 01. Mai 2021 in Kraft getreten. Änderungen betreffen insbesondere den Jugendmedienschutz. Das stellt die Zusammenarbeit der Akteurinnen und Akteure im Jugendschutz vor neue Herausforderungen. Wir werden uns bei der Tagung die wichtigen Änderungen des Jugendschutzgesetzes genau ansehen. Dazu spricht Claudia Flynn vom Bayerischen Landesjugendamt. Zu der Bedeutung der Änderungen des Jugendschutzgesetzes für die Praxis wird Dr. Stephan Dreyer vom Hans-Bredow-Institut einen Gastbeitrag gestalten. Welche aktuellen Herausforderungen aus dem Jugendmedienschutz nach dem JMStV zu berichten sind und welche Schnittpunkte zum aktuellen Jugendschutzgesetz relevant geworden sind wird den Fachkräften Sonja Schwendner von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) näherbringen. Zudem werden das Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, die Aktion Jugendschutz und der Bayerische Jugendring aktuelle Informationen zum Jugendschutz präsentieren. Die Einladung zur Veranstaltung, Tagesordnung und Hinweise zu technischen Informationen ergehen separat per E-Mail. Wir freuen uns auf zwei spannende Tage! T E A M J U G E N D - S C H U T Z A N K Ü N D I G U N G : B A Y E R I S C H E J U G E N D S C H U T Z F A C H T A G U N G 2 0 2 1 „DAS NEUE JUGENDSCHUTZGESETZ – EINE DIGIT@LE REVOLUTION?!“ Am 13. und 14. Dezember 2021 findet die diesjährige Jugendschutzfachtagung für Fachkräfte des Jugendschutzes in Bayern online zum Thema „Das neue Jugendschutzgesetz – eine digit@le Revolution?!“ statt.

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 8 I N F O F A M I L I E N B I L D U N G Wie lief der erste Live-Chat? Am Donnerstag, den 28. Oktober 2021, fand der erste BAER Live-Chat statt unter dem Motto „‘Ich bin so fett und hässlich!‘. Verstärken Medien Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen?“ Ziel war es, Erziehende für das Thema Essstörungen in Bezug auf den Medienkonsum zu sensibilisieren und Fragen zum Thema zu beantworten. Beim Live-Chat ging es um das Aufzeigen von und die Aufklärung über gesundheitliche und psychische Probleme, die durch die extreme körperliche Selbstoptimierung wie Fitnessprogramme und Diäten entstehen und in einer Essstörung enden können. Es wurden Probleme sichtbar gemacht, Hintergründe, auch durch (negative) Vorbilder in den Medien (z. B. Influencerinnen und Influencer auf Instagram, YouTube etc.) erläutert und Familien, Eltern und Erziehenden Lösungsstrategien, Ratschläge, Tipps und Hilfe angeboten. Das Web-Coaching wurde aus einer wissenschaftlichen, analytischen Perspektive aufgezogen. Dabei wurde aufgezeigt, welchen Einfluss und Macht die Medien tatsächlich auf das körperliche Empfinden von Kindern haben können. Sie können die Aufzeichnung der Veranstaltung jederzeit abrufen auf: https://bit.ly/3l17lzT. Für 2022 sind weitere Web-Coachings geplant. Nun ist der BAER, der Bayerische Erziehungsratgeber des Bayerischen Landesjugendamts, schon ein halbes Jahr alt. Zeit, einen Überblick darüber zu geben, wie der Ratgeber angenommen wird und wie die Bewerbungsmaßnahmen laufen. EIN HALBES JAHR BAER, DER BAYERISCHE ERZIEHUNGSRATGEBER Abbildung 1: Banner zum Web-Coaching am 28.10.2021 „Das Bayerische Landesjugendamt hat den BAER beim Fachtreffen der Regionalbeauftragten von ELTERNTALK vorgestellt. Wir alle waren beeindruckt. BAER ist eine ansprechend, modern gestaltete Seite, die dazu einlädt, zu stöbern. BAER ist übersichtlich, klar strukturiert und benutzerfreundlich. Das Wichtigste sind natürlich die vielen hilfreichen Informationen.“, so Marianne Meyer, Gesamtleitung ELTERNTALK, von der Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Bayern e. V. über BAER. Abbildung 2: Screenshot der Vimeo-Aufzeichnung des Web-Coachings am 28.10.2021. (v. l. n. r.: Dr. Maya Goetz, Liane Hammer, Tobias Krell).

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 9 I N F O Broschüren-Portal: Bestellung Flyer Über das Broschüren-Portal des Freistaats Bayern lassen sich kostenfrei die drei neuen Flyer zu „BAER“, den „Elternbriefen“ und den „Medienbriefen“ als Infomaterial bestellen: https://bit.ly/2ZkiBzG Online-Shop: Bestellung Elternbriefe Jugendämter, insbesondere KoKi – Netzwerk frühe Kindheit sowie weitere Träger der Kinder- und Jugendhilfe können ihren Bedarf an Druckausgaben der Elternbriefe über den Online-Shop decken. Es werden 2x jährlich Elternbriefe produziert/gedruckt, die Bestellfristen hierfür sind jeweils: • Bestellfristende 31. Januar; Lieferung ca. 6 Wochen später • Bestellfristende 31. Juli; Lieferung ca. 6 Wochen später Bestellungen können gerne früher ausgelöst werden, Sie können also ab sofort über den Online-Shop Ihre Bestellung aufgeben. Lesen Sie dazu auch unseren ausführlichen Beitrag im Mitteilungsblatt 3/2020 unter https://bit.ly/3l1u9PE. Zusätzlich zur Druckversion stehen die Elternbriefe auch online und barrierefrei unter https://bit.ly/3nIhiUx zum Lesen und als Download zur Verfügung. Eltern können sich dort auch für einen zeitgesteuerten Reminder anmelden, um passend zum Alter des Kindes eine E-Mail mit dem Link zum nächsten Elternbrief zu erhalten. Erinnerung: Banner austauschen Sie können uns nach wie vor helfen: Machen Sie den BAER bekannt und werben Sie für den BAER. Wir möchten Sie daher bitten, (falls nicht schon geschehen) Ihre veralteten „Eltern im Netz“-Verlinkungen inklusive „Eltern im Netz“-Logo gegen das neue BAER-Logo oder ein BAER-Werbebanner mit passender Verlinkung auszutauschen. Verschiedene Logo-Größen im jpg-Format finden Sie zum Herunterladen auf: https://bit.ly/3nQKw3L Die BAER-Werbebanner bieten wir mit unterschiedlichen Motiven an. Sie entscheiden, welches am besten zu Ihrer Webseite passt. Alle dafür erforderlichen Materialien und Informationen finden sie hier: https://bit.ly/3HMA0lF Abbildung 3: Flyer Elternbriefe, Medienbriefe, BAER Abbildung 4: Startseite des Shops. D A S B A E R - T E A M

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 10 F A L L Z A H L E N E N T W I C K L U N G I N D E R K I N D E R - U N D J U G E N D H I L F E I N B A Y E R N Zur Entwicklung der Fallzahlen bei den Erzieherischen Hilfen (einschl. der Hilfen für junge Volljährige) in Bayern Im Jahr 2020 wurden in Bayern insgesamt 111.012 Hilfen zur Erziehung (einschließlich Hilfen für junge Volljährige) (§§ 27 bis 35, 41 SGB VIII) in Anspruch genommen, dies sind 8.242 Leistungen weniger als im Vorjahr (-7,05 %). Insgesamt 126.497 junge Menschen wurden von diesen Hilfen erreicht (-4,37 %).1 Von den 126.497 jungen Menschen, die im Jahr 2020 Hilfen zur Erziehung (§§ 27 bis 35, 41 SGB VIII) erhalten haben, sind 55,1 % männlichen Geschlechts. Der Anteil der jungen Menschen, die bei Hilfebeginn im Jahr 2020 bei einem Elternteil (ohne (Ehe-) Partner/Partnerin) (mit/ohne weitere/n Kinder/n) lebte, liegt bei 38,8 %. Der Anteil der jungen Menschen mit Transferleistungsbezug2 in der Familie bei Hilfebeginn im Jahr 2020 beträgt 20,8 %. Bei 32,8 % der Leistungsempfängerinnen und -empfängern war im Jahr 2020 bei Hilfebeginn mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft, während der Anteil der jungen Menschen aus Familien, in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird, bei 18,0 % liegt. Lässt man bei der Fallzahlenbetrachtung die Erziehungsberatung nach § 28 SGB VIII außer Acht, liegt der Anteil der Hilfe empfangenden jungen Menschen/Familien, bei denen ein Elternteil bei Hilfebeginn alleine ohne (Ehe-) Partnerin oder Partner (mit/ohne weitere/n Kinder/n) lebte, als auch der Anteil der Hilfe beziehenden Familien mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles deutlich höher: Die Anzahl der gewährten Hilfen zur Erziehung (einschließlich der Hilfen für junge Volljährige) sowie die Anzahl der jungen Menschen, die durch Hilfen zur Erziehung im Jahr 2020 erreicht worden sind, ist im Vergleich zum Vorjahr erneut rückläufig. Die prozentuale Verteilung nach Hilfearten zeigt – wie schon im Vorjahr – eine Zunahme bei den ambulanten Hilfen und rückläufige Fremdunterbringungen. Bei den Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII ist seit 10 Jahren ein kontinuierlicher Anstieg der Fallzahlen zu verzeichnen. Auch im Jahr 2020 waren männliche Leistungsempfänger in der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII deutlich überrepräsentiert. KURZANALYSE ZU DEN VOM BAYERISCHEN LANDESAMT FÜR STATISTIK VERÖFFENTLICHTEN DATEN DER HZE STATISTIK 2020 I N F O 1 Hier ist zu berücksichtigen, dass sich die Anzahl der Hilfen unterscheidet von der Anzahl der jungen Menschen, die Hilfen erhalten haben. Dies ist darin begründet, dass familienorientierte Hilfen als eine Hilfe gerechnet werden, allerdings ggf. mehrere junge Menschen in einem Haushalt von der Hilfe erreicht werden. 2 Die Herkunftsfamilie bzw. die/der junge Volljährige lebt teilweise oder ganz von Arbeitslosengeld II (SGB II), bedarfsorientierter Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Sozialhilfe (SGB XII) oder bezieht einen Kinderzuschlag. Hilfen zur Erziehung auf einen Blick (incl. Erziehungsberatung) in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen (Hilfen zur Erziehung + Hilfen für junge Volljährige, 2020) Jahresfallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 111.012 Anzahl junger Menschen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 126.497 davon männlich* 55,1 % davon weiblich* 44,9 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2020: Elternteil lebt alleine ohne ( Ehe- )Partner (mit / ohne weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 38,8 % Anteil der Transferleistung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 20,8 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 32,8 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 18,0 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Hilfen zur Erziehung auf einen Blick (incl. Erziehungsberatung) in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen (Hilfen zur Erziehung + Hilfen für junge Volljährige, 2020) Jahresfallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 111.012 Anzahl junger Menschen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 126.497 davon männlich* 55,1 % davon weiblich* 44,9 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2020: Elternteil lebt alleine ohne ( Ehe- )Partner (mit / ohne weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 38,8 % Anteil der Transferleistung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 20,8 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 32,8 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 18,0 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2020; Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt.

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 11 Im Vergleich zum Vorjahr ist das Fallzahlenvolumen für die Hilfen zur Erziehung (einschließlich der Hilfen für junge Volljährige) erneut rückläufig: 2020 wurden 5,0 % weniger Hilfen gewährt als im Jahr 2019. Im Zeitraum von 2011 bis 2020 ist das Fallzahlenvolumen insgesamt um 8,2 % gestiegen. Ein Blick auf die prozentuale Verteilung der Hilfen zur Erziehung einschließlich der Hilfen für junge Volljährige (ohne Erziehungsberatung) im Jahr 2020 in Bayern zeigt, dass es sich bei mehr als der Hälfte der Hilfen um ambulante Hilfen zur Erziehung handelt. 30 % der Hilfen entfallen auf die Heimerziehung und die Vollzeitpflege. Im Zeitverlauf fällt auf, dass – nachdem in den Jahren 2015 und 2016 durch den hohen Unterstützungsbedarf von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen der Anteil der Hilfen nach § 34 SGB VIII deutlich gestiegen war – der Anteil der ambulanten Hilfen zur Erziehung seit 2017 wieder ansteigt, während der Anteil der stationären Hilfen an allen Hilfen rückläufig ist: Zur Entwicklung der Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII in Bayern Im Jahr 2020 wurden in Bayern insgesamt 20.074 Eingliederungshilfen für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung nach § 35a SGB VIII gewährt, dies sind 594 Leistungen mehr als im Vorjahr bzw. ein Anstieg um 3,0 %. Von den 20.074 jungen Menschen aus Bayern, die im Jahr 2020 Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII erhalten haben, sind lediglich 31,3 % weiblich. Der Anteil der Leistungsempfängerinnen und -empfänger nach § 35a SGB VIII, die bei Hilfebeginn im Jahr I N F O Hilfen zur Erziehung auf einen Blick (ohne Erziehungsberatung) in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen (Hilfen zur Erziehung + Hilfen für junge Volljährige, 2020) Fallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 50.697 Anzahl junger Menschen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 66.182 davon männlich* 56,8 % davon weiblich* 43,2 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2020: Elternteil lebt alleine ohne (Ehe-)Partner (mit / ohne weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 43,9 % Anteil der Transferleistung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 40,2 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 44,2 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 28,0 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Bild: Hilfen zur Erziehung auf einen Blick (ohne Erziehungsberatung) in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen (Hilfen zur Erziehung + Hilfen für junge Volljährige, 2020) Fallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 50.697 Anzahl junger Menschen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 66.182 davon männlich* 56,8 % davon weiblich* 43,2 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2020: Elternteil l bt alleine ohne (Ehe-)Partner (mit / ohne weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 43,9 % Anteil der Transferle stung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 40,2 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 44,2 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 28,0 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2020; Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt. 46763 46938 47718 49235 55348 56135 56279 57273 53252 50597 0 10000 20000 30000 40000 50000 60000 ANZAHL DER HILFEN 2011 ANZAHL DER HILFEN 2012 ANZAHL DER HILFEN 2013 ANZAHL DER HILFEN 2014 ANZAHL DER HILFEN 2015 ANZAHL DER HILFEN 2016 ANZAHL DER HILFEN 2017 ANZAHL DER HILFEN 2018 ANZAHL DER HILFEN 2019 ANZAHL DER HILFEN 2020 Hilfen zur Erziehung + Hilfen für junge Volljährige in Bayern - ohne Erziehungsberatung (2011 bis 2020); Aufsummierung der zum 31.12. eines Jahres andauernden und der innerhalb desselben Jahres beendeten Hilfen; Bild: 6,6 % 6,6 % 6,5 % 6,6 % 5,8 % 5,5 % 6,0 % 6,7 % 6,6 % 7,6 % 14,7 % 15,1 % 15,3 % 15,0 % 13,6 % 14,0 % 15,7 % 16,1 % 15,6 % 14,1 % 36,5 % 36,7 % 37,7 % 36,3 % 33,7 % 33,4 % 33,8 % 35,8 % 38,6 % 41,9 % 7,0 % 6,7 % 6,2 % 5,7 % 4,8 % 4,8 % 4,6 % 4,6 % 4,5 % 4,2 % 16,0 % 16,2 % 16,0 % 16,5 % 15,7 % 15,6 % 15,1 % 14,9 % 14,9 % 14,5 % 16,1 % 16,0 % 15,8 % 17,4 % 24,1 % 24,4 % 22,2 % 19,3 % 17,1 % 15,7 % 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Verteilung der Hilfen zur Erziehung einschl. Hilfen für junge Volljährige (ohne Erziehungsberatung) in Bayern (2011 bis 2020) Aufsummierung der zum 31.12. eines Jahres andauernden und innerhalb desselben Jahres beendeten Hilfen) HZE § 27 (o. V. zu §§ 28-35 SGB VIII) Soz. Gruppenarbeit § 29 SGB VIII EB § 30 SGB VIII SPFH § 31 Erz. Tagesgruppe § 32 SGB VIII Vollzeitpflege § 33 SGB VIII Heimerziehung § 34 SGB VIII ISE § 35 SGB VIII Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2020; Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt. Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2020; Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt.

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 12 2020 bei einem Elternteil ohne (Ehe-)Partnerin bzw. Partner (mit/ohne weitere/n Kinder/n) lebten, liegt bei 29,6 %. Der Anteil der Transferleistungen3 beziehenden Familien bei Hilfebeginn betrug 23,4 %. Bei 30,5 % der Leistungsempfängerinnen und -empfängern war bei Hilfebeginn mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft, während der Anteil der jungen Menschen aus Familien, in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird, bei 14,3 % liegt. Betrachtet man die Anzahl der Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung in Bayern im Verlauf der letzten zehn Jahre (Jahr 2011 bis Jahr 2020), so ist insgesamt ein Anstieg um 59,2 % feststellbar. Auffällig ist hier außerdem, dass männliche Hilfeempfänger deutlich überrepräsentiert sind: 3 Die Herkunftsfamilie bzw. die / der junge Volljährige lebt teilweise oder ganz von Arbeitslosengeld II (SGB II), bedarfsorientierter Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Sozialhilfe (SGB XII) oder bezieht einen Kinderzuschlag. Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen 2020 Fallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 20.074 davon männlich* 68,7 % davon weiblich* 31,3 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2020: Elternteil lebt alleine ohne (Ehe-)Partner (mit / ohne weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 29,6 % Anteil der Transferleistung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 23,4 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 30,5 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 14,3 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII in Bayern Gesamtvolumen der Fallzahlen 2020 Fallzahlen (Bestand am 31.12. + beendete Hilfen) 20.074 davon männlich* 68,7 % davon weiblich* 31,3 % Zur Lebenssituation der Hilfeempfänger/-innen 2020: Elt rnteil lebt alleine ohne (Ehe-)Partner (mit / oh e weitere Kinder) (bei Hilfebeginn) 29,6 % Anteil der Transferleistung beziehenden Familien (bei Hilfebeginn) 23,4 % Anteil der Hilfe beziehenden Familie mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteiles (bei Hilfebeginn) 30,5 % Anteil der jungen Menschen mit Familien in denen zuhause nicht vorrangig deutsch gesprochen wird (bei Hilfebeginn) 14,3 % * Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2020; Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt. Bild: 3942 4093 4442 4538 4843 5235 5439 5999 6105 6283 8667 8877 9697 10125 10698 11360 11717 13042 13375 0 2000 4000 6000 8000 10000 12000 14000 16000 18000 20000 JAHR 2011 JAHR 2012 JAHR 2013 JAHR 2014 JAHR 2015 JAHR 2016 JAHR 2017 JAHR 2018 JAHR 2019 JAHR 2020 Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII in Bayern (2011 bis 2020); Aufsummierung der zum 31.12.eines Jahres andauernden und der innerhalb dieses Jahres beendeten Hilfen; weiblich* männlich* 13791 Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Kinder- und Jugendhilfe Ergebnisse zu Teil I: Erzieherische Hilfen 2020; Datenzusammenstellung und eigene Berechnungen durch das Bayerische Landesjugendamt. *Junge Menschen mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet. S A B I N E N I E D E R M E I E R I N F O

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 13 I N F O Am 02. September 2019 trat die „Besondere Gebührenverordnung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen in dessen Zuständigkeitsbereich (Besondere Gebührenverordnung BMI – BMIBGebV)“ in Kraft. Seither werden im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) Gebühren und Auslagen für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen (gebührenfähige Leistungen) erhoben (vgl. § 1 BMIBGebV). Gebührenfähige Leistungen folgen dem Verursacherprinzip: Kosten für staatliche Maßnahmen, die in der Verantwortung einzelner Bürgerinnen und Bürger als Verursacher liegen, sind auch von diesen selbst zu tragen und nicht (im Rahmen der Steuerfinanzierung staatlicher Aufgaben) der Allgemeinheit zuzumuten. Die „Besondere Gebührenverordnung BMI“ bezieht sich unter anderem auf Einsätze und Maßnahmen, die auf Grund von Vorschriften des Bundespolizeigesetzes (BPolG) erbracht werden (§ 1 Nr. 1 BMIBGebV). Dazu zählen auch Einsätze der Bundespolizei, die der Abwehr von Gefahren nach § 14 BPolG dienen, z. B. aufgrund der vorsätzlichen Schaffung von Gefahrenlagen, der missbräuchlichen Auslösung einer Gefahrenlage, der Suche nach vermisst gemeldeten Personen bzw. des Aufgreifens oder Auffindens einer betreuten oder unter Aufsicht stehenden abgängigen Person (vgl. Anlage zu § 2 Abs. 1 BMIBGebV, Gebühren- und Auslagenverzeichnis, Abschnitt 1 – Bundespolizeigesetz). Die Höhe dieser Gebühren und Auslagen richtet sich nach dem Gebühren- und Auslagenverzeichnis (vgl. § 2 Abs. 1 BMIBGebV i. V. m. zugehöriger Anlage) und ist unter anderem auch vom zeitlichen Umfang der Einsätze und Maßnahmen abhängig. Ausnahmen von der Gebührenerhebung bilden Ein- sätze, die zur Verhinderung eines Suizids dienen (vgl. Gebühren- und Auslagenverzeichnis, Anlage zu § 2 Abs. 1 BMIBGebV, Abschnitt 1, Nr. 1.1.5) sowie der Schutzgewahrsam nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 BPolG, soweit sich eine Person erkennbar unverschuldet in einem die freie Willensbekundung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet. Folgen für die stationäre Kinder- und Jugendhilfe: Kommt es zu Abgängigkeiten bzw. Entweichungen Minderjähriger aus stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, sind diese seitens der Einrichtung bzw. des Trägers bei der Polizei als vermisst zu melden. Bei einem Aufgreifen oder Auffinden des Kindes bzw. Jugendlichen durch die Bundespolizei (z. B. am Bahnhof oder im Bahnhofsumfeld) und einer damit verbundenen Ingewahrsamnahme bzw. Überstellung an die zuständige Einrichtung, werden nach den Regelungen der „Besonderen Gebührenverordnung BMI“ nun Gebühren für den Aufwand der polizeilichen Maßnahme fällig. Nachdem die Fachkräfte der Einrichtung im Rahmen der Betreuung und Unterbringung der Minderjährigen auch die Aufsichtspflicht über diese innehaben, wendet sich der Gebührenbescheid gegen den jeweiligen Träger der Einrichtung. Erreicht den Träger einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe ein solcher Gebührenbescheid, wird empfohlen, im Rahmen der angegebenen Frist die Möglichkeit zur Anhörung zu nutzen, sich gemäß § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern und um Prüfung eines Verzichts auf die Gebührenerhebung zu bitten. B E S O N D E R E G E B Ü H R E N V E R O R D N U N G ERHEBUNG VON GEBÜHREN BEI INGEWAHRSAM- NAHMEN MINDERJÄHRIGER Nach den Regelungen der „Besonderen Gebührenverordnung BMI“ werden beim Aufgreifen oder Auffinden einer bzw. eines Minderjährigen durch die Bundespolizei Gebühren für den Aufwand der polizeilichen Maßnahme fällig. Auf den Gebührenbescheid kann der betroffene Einrichtungsträger im Rahmen der Anhörung gemäß § 28 VwVfG reagieren.

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 14 Die schriftliche Äußerung des Einrichtungsträgers sollte mit einer entsprechenden Begründung versehen werden. Dabei kann es zielführend sein, insbesondere auf folgende Aspekte einzugehen: • Psychosoziale Belastungsfaktoren der betreuten Zielgruppe, die Abgängigkeiten und/oder Entweichungen aus der Einrichtung begründen können. • Fokus der Kinder- und Jugendhilfe auf Betreuung und Begleitung junger Menschen, nicht auf Überwachung und Sicherung. • Pflicht der Einrichtung bzw. des Trägers, Vermisstenmeldung zu erstatten. • Personelle Besetzung, Betreuungsschlüssel und Dienstplangestaltung der Einrichtung, die es im Regelfall nicht ermöglicht, Minderjährige kurzfristig und/oder nachts am Aufgriffsort oder auf einer Polizeidienststelle abzuholen, weil das Wohl anderer Minderjähriger in der Einrichtung dadurch gefährdet werden kann. • Sofern zutreffend, Hinweis auf erstmaliges Auffinden und Aufgreifen des betreffenden Minderjährigen durch die Bundespolizei. Im Rahmen einer Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG ist seitens des Einrichtungsträgers der Sozialdatenschutz zu gewährleisten. Eine Schilderung der individuellen Situation des einzelnen betroffenen Kindes/ Jugendlichen ist insofern nicht zulässig. Die Bundespolizei wird auf Grundlage der Begründung im Rahmen der schriftlichen Anhörung in eigener Zuständigkeit über einen möglichen Verzicht auf die Gebührenerhebung entscheiden. Geht die schriftliche Äußerung nicht oder nicht fristgemäß ein, entscheidet die Bundespolizei nach Aktenlage. Ergeht daraufhin ein Verwaltungsakt, mit dem eine Gebühr erhoben wird, bleibt noch die Möglichkeit, Widerspruch gegen den Verwaltungsakt einzulegen. Auch hier gelten entsprechend Einspruchsfristen und Begründungspflichten. Erste Rückmeldungen aus der Praxis zeigen jedoch, dass die Nutzung der Möglichkeit der Anhörung gemäß § 28 VwVfG durchaus Erfolg versprechend sein kann. I N F O S T E F A N I E Z E H - H A U S W A L D

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 15 I N F O Auf der Grundlage der Referentenentwürfe und noch vor Inkrafttreten des „Gesetzes zur Stärkung von Verfahrensrechten von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren“ am 17. Dezember 2019 und dem damit korrespondierenden „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung“ (Inkrafttreten am 13. Dezember 2019), setzte der Bayerische Landesjugendhilfeausschuss im Oktober 2019 einen Expertenkreis ein, der sich mit der Neufassung der fachlichen Empfehlungen zur „Mitwirkung der Jugendhilfe in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz“ aus dem Jahr 2012 befassen sollte. Die genannten Bundesgesetze sind beide Ergebnis einer Anpassung an die EU-Richtlinie 2016/800, die bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Übernahme von Verfahrensgarantien für „Kinder“, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, in nationalen Gesetzgebungsverfahren vorsah. Auch die Bundesrepublik Deutschland mit ihren vergleichsweise hohen Qualitätsstandards in der Jugendstrafrechtspflege war in diesem Zusammenhang gefordert, die national gültige Rechtsprechung mit besonderem Blick auf das Wohl und die Rechte von jungen Straftäterinnen und Straftätern anzupassen. Ferner trat am 10. Juni 2021 das „Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG)“ in Kraft, welches u. a. auch Änderungen im „Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG)“ mit sich brachte. Auch diese beiden gesetzlichen Grundlagen beinhalteten teils maßgebende neue Rechtsvorschriften für den Mitwirkungsauftrag der Kinder- und Jugendhilfe in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz, wie z. B. die §§ 52 Abs. 1 S. 2 und S. 3 SGB VIII oder § 5 Abs. 1 KKG. Die normativen Änderungen gaben somit Anlass und Rahmen für die Neufassung der fachlichen Empfehlungen aus dem Jahr 2012. Die veränderte Gesetzeslage bedingte die Neubeschreibung eines spezifischen Arbeitsfeldes der Kinder- und Jugendhilfe, der einzelnen N E U E V E R Ö F F E N T L I C H U N G FACHLICHE EMPFEHLUNGEN ZUR MITWIRKUNG IN VERFAHREN NACH DEM JUGENDGERICHTS- GESETZ GEMÄSS § 52 SGB VIII – BESCHLUSS DES BAYERISCHEN LANDESJUGENDHILFEAUSSCHUSSES VOM 21. JULI 2021 Als bundesweit erster (überörtlicher) Träger der öffentlichen Jugendhilfe veröffentlicht das ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt fachliche Empfehlungen zur Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz gemäß § 52 SGB VIII auf der Grundlage des „Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG)“.

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 4 - 2 0 2 1 16 Arbeitsprozesse der (sozial-)pädagogischen Fachkräfte sowie die Weiterentwicklung geltender Qualitätsstandards. Die Beschreibung des gesetzlichen und organisatorischen Rahmens bildet das Grundgerüst der nun vorliegenden Empfehlungen. Es folgen Ausführungen zur Ausgestaltung des Mitwirkungsauftrags, die bezogen auf das jugendstrafrechtliche Erkenntnisverfahren und für jedes einzelne Stadium konzipiert wurden. Ein Kernstück der Empfehlungen ist das Kapitel zur Mitwirkung der Jugendhilfe an den Rechtsfolgen von Jugendstraftaten. Hier treffen pädagogisch fundierte und am individuellen Bedarf von jungen Menschen orientierte Angebote der Kinder- und Jugendhilfe auf die Notwendigkeit, diese am Rechtsfolgensystem des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) mit seinem spezifischen Erziehungsgedanken, dem Blick auf Elternrechte und -pflichten sowie unter besonderer Beachtung von verfahrensbezogenen Rechten der jungen Menschen auszurichten. Das Wissen um eine höchst unterschiedliche Handhabung von Qualitätsstandards im Kontext der Aufgabenerfüllung nach § 52 SGB VIII erforderte eine Konkretisierung in den fachlichen Empfehlungen dahingehend, wie diese zu bestimmenden Qualitätsstandards in der Arbeit der pädagogischen Fachkräfte sichergestellt und wie diese gegenüber den kooperierenden Akteurinnen und Akteuren und vor allem gegenüber den betroffenen jungen Menschen plausibel und transparent dargelegt werden können. Hierzu gehört auch die professionelle Handhabung datenschutzrelevanter Aspekte. Mit besonderem Blick auf die neu gefassten §§ 37a, 38 Abs. 4 und 7 JGG galt es zudem, neue Handlungsroutinen in etablierten Kooperationsbeziehungen einzelfallbezogen und fallübergreifend unter geänderten Rahmenbedingungen darzustellen. Die hier vorgenommene Beschreibung einer möglichen Ausgestaltung von Kooperationsbeziehungen zu den Akteurinnen und Akteuren in Jugendstrafverfahren orientiert sich dabei naturgemäß an den Maßgaben zur strukturellen Zusammenarbeit gemäß § 81 SGB VIII. Im Zuge der Angleichung an die skizzierten gesetzlichen Änderungen werden neben den vorliegenden Empfehlungen auch die Veröffentlichungen des ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt zur „Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (‚PeB‘) zur Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52 SGB VIII)“ und zu „Nebenstrafen und Nebenfolgen der Jugendgerichtsbarkeit“ aktualisiert. Diese drei Publikationen bauen aufeinander auf und bedingen sich wechselseitig. Eine Veröffentlichung dieser Produkte ist für das 1. Quartal 2022 vorgesehen. Wir sind zuversichtlich, dass es uns mit den vorliegenden fachlichen Empfehlungen gelungen ist, den Mitwirkungsauftrag nach § 52 SGB VIII auf der Grundlage aktueller rechtlicher Normen in all seinen Facetten, die sich im Handeln der (sozial-)pädagogischen Fachkräfte widerspiegeln, zeitgemäß und repräsentativ abzubilden. Im Sinne der kontinuierlichen und dynamischen Weiterentwicklung von Aufgaben und Prozessen der Kinder- und Jugendhilfe gemäß § 79a SGB VIII sind sie gleichzeitig als Impuls an die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe zu verstehen, die vor Ort geltenden Qualitätsstandards zu überprüfen und nötigenfalls weiterzuentwickeln. Die praktische Umsetzung und Implementierung vor Ort wird das ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt gerne und entlang seines gesetzlichen Auftrags gemäß § 85 Abs. 2 SGB VIII begleiten. Unser ausdrücklicher Dank geht an die verantwortlichen Expertinnen und Experten, die an der Erstellung dieser Veröffentlichung mitgewirkt haben, sowie an die sie entsendenden Stellen. Kraft ihres Engagements und ihrer konstruktiven und kreativen Zusammenarbeit war es trotz widriger Arbeitsbedingungen in Pandemiezeiten möglich, ein umfassendes und wegweisendes Papier für die Fachpraxis zu entwickeln. Druckexemplare der Empfehlungen können ab sofort kostenfrei über https://bit.ly/3xTmWGU bezogen werden oder als barrierefreies PDF unter https://bit.ly/3E34uOa heruntergeladen werden. F L O R I A N K A I S E R I N F O

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