Grundsätze zur Super­vision/­Praxis­beratung in Jugend­ämtern

Vorbemerkung

Mit den "Grundsätzen zur Supervision / Praxisberatung in Jugend­äm­tern" will das Bayerische Landesjugendamt einen Beitrag zur Weiter­ent­wick­lung des Super­visions­angebotes in den bayerischen Jugend­äm­tern leisten.

Die hier zusammengefassten Standards sollen die verantwortlichen Leitungen bei öffentlichen Trägern dabei unterstützen, Supervision/­Praxisberatung* trotz knapper Ressourcen als wichtiges Instrument der Qualitäts- und Personalentwicklung sinn­voll und effektiv ein­zu­setzen.

*) Die Begriffe Supervision und Praxisberatung werden hier synonym verwendet.
 


Was ist Supervision?

Supervision ist ein zielgerichteter, die berufliche Praxis begleitender Re­fle­xions­pro­zess,der in der Regel von externen Supervisorinnen oder Supervisoren angeleitet wird. Während der Supervision wird das be­ruf­liche Handeln im Kontext des in­sti­tu­tio­nellen Rahmens und vor dem Hintergrund der fachlichen Aufgabe re­flek­tiert. Supervision be­ab­sich­tigt Lösungen zu erarbeiten und fokussiert deren er­geb­nis­orientierte Umsetzung in den professionellen Alltag.

Supervisorinnen und Supervisoren sind zur Verschwiegenheit ge­gen­über Dritten verpflichtet. Daher wird Supervision gern als "ge­schütz­ter Raum" bezeichnet, in dem auch das ausgesprochen und bedacht werden kann, was an anderer Stelle nicht ohne weiteres geäußert wird.

Wofür Supervision?

Ein wesentlicher, zu erwartender Effekt von Supervision ist die Ver­bes­se­rung von Kommunikation und Kooperation innerhalb des Jugend­amtes allgemein und ins­be­son­dere die Verbesserung der Zu­sam­men­arbeit von Sozialdienst und Verwaltung.

Supervision begleitet konzeptionelle Weiterentwicklungen und Ver­än­de­rungs­pro­zes­se auch im Rahmen von Or­ga­ni­sa­tions­ent­wick­lungs­pro­zes­sen. Ebenso kann Su­per­vi­sion als unterstützendes Instrument bei der Umsetzung von Zielen ("Führen durch Ziel­ver­ein­ba­rungen") ein­ge­setzt werden.

Praxisberatung kann auch als Forum zur Erarbeitung und oder Über­prüfung fach­licher Standards genutzt werden. Supervision führt zum Abbau von Rei­bungs­ver­lus­ten, wenn sie zur Bearbeitung von Schwach­stel­len innerhalb der Organisation ein­ge­setzt wird.

Im Rahmen von Praxisberatung können Elemente von Qualitäts­siche­rung erarbeitet werden. Durch fortlaufende Reflexion der Praxis schafft sie Transparenz und Orien­tie­rung und wird so selbst zu einem wesentlichen Instrument der Qualitäts­ent­wick­lung in der Jugendhilfe. Praxisberatung ist damit ein geeignetes und bewährtes Instrument der Steuerung fachlicher Arbeit und der Überprüfung ihrer Wirksamkeit.

Aus der Perspektive der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Super­vi­sion in An­spruch nehmen, trägt sie zur fachlichen und persönlichen Weiter­ent­wick­lung bei und erhält oder erweitert so die individuelle Leistungsfähigkeit.

Zur Ver­deut­li­chung der Grenze der Leistung von Praxisberatung sei hier noch erwähnt was Supervision nicht bietet. Sie kann weder eine ausreichende fachliche Qualifikation noch angemessene Or­ga­ni­sa­tions­strukturen ersetzen. Supervision vermag auch nicht ein unpassendes Führungsprofil hinreichend zu kompensieren.

Selbstverständnis

Supervision im Rahmen von Jugendämtern beabsichtigt

  • die Förderung der persönlichen Kompetenz und der Arbeitszufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
  • die Verbesserung der strukturellen Bedingungen und die Qualifizierung der Aufgabenwahrnehmung der Jugendhilfe

Zielgruppe

Zielgruppe von Supervision sind prinzipiell alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes, dies beinhaltet selbstverständlich sowohl Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen als auch Verwaltungskräfte. Eine besondere Zielgruppe von Su­per­vision sind Lei­tungs­kräf­te. In diesem Kontext hat sich inzwischen auch im Non-Profit-Bereich der Begriff Leitungs-Coaching etabliert.

Auswahl einer Supervisorin/eines Supervisors

Vor dem ersten Kontakt mit dem Berater/­der Beraterin sollte intern der Bedarf so genau wie möglich eruiert werden. Dies bedeutet das Pro­blem oder die Aus­gangs­frage­stel­lung sowie den Kreis der Be­tei­lig­ten zu bestimmen.

Es empfiehlt sich bei der Auswahl der Praxisberaterin/des Pra­xis­beraters die Kri­te­rien "Ausbildung", "Feldkompetenz" und "Be­ra­tungs­erfahrung in der öffentlichen Verwaltung" heranzuziehen.

Die Beraterin/­der Be­ra­ter sollte eine Aus- oder Weiterbildung zur Supervisorin/­zum Supervisor oder zum Coach haben. Seriöse Ausbildungen haben den Rahmen von ca. 60 Ausbildungstagen, die sich auf zwei oder drei Jahre verteilen.

Das Kriterium der Feld­kom­pe­tenz beleuchtet die Frage, ob die Be­ra­te­rin/­der Berater gute Kenntnisse des Arbeitsfeldes der Jugendhilfe hat. Ein überprüfbarer Indikator hierfür ist die Berufserfahrung in diesem Bereich.

Analog zur Feldkompetenz empfiehlt es sich auch die Be­ra­tungs­er­fah­rung in der öf­fent­lichen Verwaltung zu erfragen.

Supervisionsprozess

Ein Supervisionsprozess gliedert sich in unterschiedliche Abschnitte:

Der Praxisberatungsprozess beginnt mit der Kontraktphase. Hier werden die Er­war­tun­gen der Supervisandinnen und Supervisanden geklärt und gemeinsame Ziele für den Prozess erarbeitet. Die Absprache, in welcher Weise die Jugendamtsleitung beteiligt wird, gehört auch in diesen Abschnitt.

Die Hauptphase dient der Bearbeitung der Inhalte, die sich aus der jeweiligen Ziel­set­zung ergeben. An dieser Stelle werden Konflikte bearbeitet, Veränderungen und Lösungen entworfen und deren Umsetzung in die Praxis begleitet.

In der Abschlussphase werden der Prozessverlauf und die erzielten Ergebnisse reflektiert und gesichert. Teil der Abschlussphase ist die Prozessauswertung. In diesem Zusammenhang wird die Ziel­er­rei­chung geprüft und gewürdigt sowie gegebenenfalls ein weitergehender Handlungsbedarf benannt. Die Beteiligung der Jugendamtsleitung bei der Auswertungssitzung ist unbedingt anzuraten.

Rahmenbedingungen

Allgemein ist festzustellen, dass sich Gruppengröße sowie Dauer und Häufigkeit der Sitzungen grundsätzlich an der jeweiligen Zielsetzung des Prozesses und der dazu gehörigen Gruppenzusammensetzung orientiert.

In der Praxis haben sich folgende Eckdaten bewährt:

  • Eine Supervisionssitzung dauert sinnvollerweise für Gruppen bzw. Teams zwischen 90 und 120 Minuten, für Einzelne zwischen 60 und 90 Minuten.
  • Ein Supervisionsprozess umfasst in der Regel zwischen fünf und zehn Sitzungen.
  • Da die Praxisberatung der Weiterentwicklung und Erhaltung der Qualität der Arbeit dient, sollten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu den Kosten nicht herangezogen werden.
  • Die Höhe des Beratungshonorars variiert - und dies teilweise erheblich. Es empfiehlt sich daher mehrere Anfragen an Berater und Supervisorinnen zu machen. Dadurch wird die in dieser Region übliche Spannbreite deutlich.

Supervisionsvertrag

Das Landesjugendamt rät, den Supervisionsprozess vertraglich zu regeln. Vertragsmuster Supervision in Jugendämtern.

Ansprechpartner:
ZBFS - Bayerisches Landesjugendamt
Roger Leidemann
Tel. 089 1261-2162
E-Mail roger.leidemann@zbfs.bayern.de